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TEDDY TODAY: 17. Februar 2023

Zur Feier des zweiten Festivaltages haben wir hier für Euch die großartigen Filmpremieren aufgelistet.

Ganz unten findet Ihr, wie immer, die Zeiten für Wiederaufführungen.

Außerdem könnt ihr heute unsere diesjährige Jury kennenlernen, bei der Teddy Jury Reception. Mehr dazu erfahrt ihr hier.

PREMIEREN:

All the Colours of the World Are Between Black and White

Regie: Babatunde Apalowo
Nigerien, 2023, 92′
TEDDY nominated

Film still All the Colours of the World Are Between Black and White © Polymath Pictures

Bambino hat sich in seinem Singleleben eingerichtet. Als Lieferfahrer in Lagos hat er ein geregeltes Einkommen, auch wenn die versprochene Beförderung auf sich warten lässt. Von der Nachbarschaft wird er geschätzt; er hilft finanziell aus, wo er kann, und ist großzügig bei verspäteten Rückzahlungen. Die Avancen der Nachbarin Ifeyinwa lassen ihn kalt, doch als er dem charismatischen Bawa begegnet, haben die beiden gleich einen Draht zueinander. Für einen Fotowettbewerb fahren sie auf langen Erkundungen immer öfter tagelang durch die Stadt. Schnell wird klar, dass Bawa durch seine Fotolinse in Bambino nicht nur ein gutes Modell sieht, sondern auch mehr als einen Freund. Regisseur, Drehbuchautor und Produzent Babatunde Apalowo nimmt den Titel seines Films beim Wort: Durch eine unaufdringliche Farbdramaturgie erzählt er zurückgenommen und zärtlich von der Annäherung zweier Männer in einer Gesellschaft, die gleichgeschlechtliche sexuelle Beziehungen tabuisiert und strafrechtlich verfolgt. In konzentrierten Bildern und mit großer Ruhe entfaltet sich langsam ihr Tanz umeinander. Ein sinnlicher und politisch wichtiger Film aus Nigeria über eine unerwartete Liebe.

SCREENING TIMES:

17.02. / 19:00 Zoo Palast 2

Mehr über den Film erfahrt ihr in unserem Interview mit Babatunde Apalowo.

Arturo a los 30

Regie: Martín Shanly
Argentinien, 2023, 92′
TEDDY nominated

Film still Arturo a los 30 | About Thirty © Un Puma

Buenos Aires im März 2020, an einem der letzten Tage vor Ausbruch der Pandemie. Eine Hochzeit wird gefeiert, ein Auto überschlägt sich. Joints, Küsse, ein Blowjob und die Erinnerung an einen Verlust werden geteilt. Im Mittelpunkt dieser Komödie der Irrungen steht der vom Regisseur Martín Shanly gespielte Arturo, ein Mann von 30 Jahren. Sein Hang zum Missgeschick ist so groß wie seine Orientierungslosigkeit, bei den anderen Figuren ist es ähnlich. Die Häufung von Fehltritten und Fettnäpfchen verhält sich umgekehrt proportional zur Geschmeidigkeit, mit der der Film vom Tag der Trauung zurück in die 2010er-Jahre gleitet. Episoden aus Arturos Leben, etwa eine Busreise nach Patagonien mit seinem trans Mitbewohner oder die Generalprobe eines Theaterstücks, das zum Fremdschämen einlädt, kommen zur Geltung, die erzählte Zeit verdichtet sich, dann dehnt sie sich wieder, ein Voiceover gibt Halt im turbulenten Gang der Dinge. Wenn der Schlager „Azúcar amargo“ (Bitterer Zucker) ertönt, dann füllt sich die Tanzfläche, und der Hinweis auf das bittersüße Wesendes Films ist so deutlich zu vernehmen wie zuvor der Husten, vor den sich hier noch keine Ellenbeuge schiebt.

SCREENING TIMES:

17.02. / 12:00 Kino Arsenal 2

Mehr über den Film erfahrt ihr in unserem Interview mit Martín Shanly.

Es gibt keine Angst

Regie: Anna Zett
Deutschland, 2023, 31′

Film still Es gibt keine Angst | Afraid Doesn’t Exist © Anna Zett

Ein vergangener deutscher Polizeistaat ist das Setting für den pulsierenden Kurzthriller Es gibt keine Angst. Darin collagiert Anna Zett Video- und Audiomaterial aus dem Berliner Archiv der DDR-Opposition und nimmt dabei die Perspektive eines sensiblen Kindes ein. Auf der Grundlage eigener, intimer Verwicklung dokumentiert die Künstlerin einen bewegenden und dennoch heute kaum bekannten Akt der politischen Selbstermächtigung kurz vom Ende der DDR und eröffnet gleichzeitig einen assoziativen Raum, um sich in heute schwerzugängliche Gewalterfahrung aufs Neue einzufühlen. Vokal hochverdichtete Stimmen von einer Ostberliner Lyriklesung von 1986unterstützen die selbst stimmlose Erzählfigur – „ein erwachsenes Kind“ – bei der Rekonstruktion ihrer eigenen Gefühlswelt, vielspurig untermalt von Untergrundmusik aus der späten DDR. Von Aufnahmen der Umweltbibliothek über Privatvideos und journalistisches Material führt der Film zur zweiten Besetzung der Stasi-Zentrale in Berlin-Lichtenberg im September 1990 und findet dort in eine ganz andere Stimmung.

SCREENING TIMES:

17.02. / 20:00 Werkstattkino@silent green

Joan Baez I Am A Noise

Regie: Karen O’Connor, Miri Navasky, Maeve O’Boyle
USA, 2023, 113′

Film still Joan Baez I Am A Noise © Albert Baez

Als Musikerin, Bürgerrechtlerin und Aktivistin stand Joan Baez seit ihrem Debüt im Alter von 18 über 60 Jahre auf der Bühne. Für die inzwischen 82-Jährige war das Persönliche immer schon politisch, die Freundschaft zu Martin Luther King und der Pazifismus prägten ihr Engagement. Ausgehend von ihrer Abschiedstour zieht Baez in dieser Biografie eine schonungslose Bilanz, in der sie sich auch schmerzhaften Erinnerungen stellt. Sie teilt nicht nur ihre Erfolge, sondern spricht offen über langjährige psychische Probleme und Therapien, über Familie, Drogen, das Altern und Fragen von Schuld und Vergebung. Und sie stellt auch klar, dass sie während ihrer Beziehung mit dem sehr jungen Bob Dylan ihre Prominenz nutzte, um seine Karriere in Gang zu bringen. Ihre Enttäuschung über die spätere Entfremdung von Dylan wird greifbar. Aufgrund einer langjährigen Freundschaft zu einer der Regisseurinnen, Karen O’Connor, gewährte Baez dem Regietrio auch Zugang zu den „inneren Dämonen“, die sie seit ihrer Jugend begleiten. Der Film verwebt Tagebuchtexte, eine Fülle von teils ungezeigtem Archivmaterial und ausführliche Gespräche mit Baez mit Backstage-Momenten der Tour. Ein intimes Porträt, das nicht nur für Fans interessant ist.

SCREENING TIMES:

17.02. / 16:00 International

Orlando, ma biographie politique

Regie: Paul B. Preciado
Frankreich, 2023, 98′
TEDDY nominated

Film still Orlando, ma biographie politique | Orlando, My Political Biography © Les Films du Poisson

Virginia Woolfs „Orlando“ erzählt die Geschichte eines jungen Mannes, der am Ende eine 36-jährige Frau ist. Fast ein Jahrhundert nach Erscheinen des Romans richtet Paul B. Preciado das Wort an Virginia Woolf, um ihr zu sagen: Ihre Romanfigur ist Wirklichkeit geworden. Alle nicht-binären Körper beziehen sich auf die Transition von Orlandos Körper. Überall auf der Welt gibt es Orlandos. Durch die authentischen Stimmen anderer junger Körper, die eine Metamorphose durchlaufen, zeichnet Preciado Schritt für Schritt seine persönliche Transformation nach. Eine poetische Reise, bei der, auf der Suche nach Wahrheit, Leben, Schreiben, Theorie und Metapher frei ineinander übergehen. Jeder Orlando, so Preciado, ist eine trans* Person, die sich täglich mit Gesetzen, Geschichte, Psychiatrie, traditionellen Familienvorstellungen und der Macht der Pharmakonzerne auseinandersetzt und ihr Leben riskiert. Wenn Männlich und Weiblich nur politische und gesellschaftliche Fiktion sind, so zeigt Orlando, ma biographie politique, dass es beim Thema Veränderung nicht mehr nur um das Geschlecht geht, sondern auch um Poesie, Liebe und Hautfarbe.

SCREENING TIMES:

17.02. / 11:00 CinemaxX 7

A Rainha Diaba

Regie: Antonio Carlos da Fontoura
Brasilien, 1973, 99′

Film still A Rainha Diaba | The Devil Queen © José Medeiros

Vom Hinterzimmer eines Bordells aus beherrscht die schwule Schwarze „Teufelskönigin“ (ein bürgerlicher Name wird nie genannt) die Unterwelt von Rio de Janeiro. Unter grünem Lidschatten fällt ihr Blick unbarmherzig auf die Mitglieder ihres Drogenkartells. Mit demselben Klappmesser werden Beine rasiert und Verräter aufgeschlitzt. Doch ihr Terrorregime ist instabil, es regt sich Widerstand. Um die Königin zu ersetzen, führen bald alle gegeneinander Krieg, die im bürgerlichen Leben keine Chance haben: die Favela-Gangster gegen die Schwulen, die Dragqueens gegen die Sexarbeiterinnen. Fontouras grelle Pulp-Konstruktion steht für das populäre brasilianische Kino in der Zeit der Militärdiktatur, in dem Machtverhältnisse nihilistisch überzeichnet wurden. Wie in Karim Aïnouz’ Madame Satã (2002) dient auch hier João Francisco dos Santos, eine legendäre Gangsterfigur der 1930er-Jahre, als Vorbild, die hier als frühe Repräsentation von Queerness in die 1970er übersetzt wird. Milton Gonçalves spielt sie mit verschiedenen Stimmen, und das dichotomische Konzept von Männlichkeit, das zwischen Macho und Tunte keine Schattierungen zulässt, löst sich in Luft und Glitter auf.

SCREENING TIMES:

17.02. / 22:00 Zoo Palast 2

RERUNS:

La Bête dans la jungle (The Beast in the Jungle)
17.02. / 18:30 Zoo Palast 1

Notre corps (Our Body)
17.02. / 19:00 Delphi Filmpalast

Perpetrator
17.02. / 21:30 Zoo Palast 1

Alle Filme 2023

Die komplette Übersicht der queeren Filme beim 37. TEDDY AWARDS findet ihr hier. Filme früherer TEDDY Jahrgänge findet ihr in unserer Filmdatenbank.

SPIELFILME

All Feature Films at 37th TEDDY AWARD

DOKUMENTAR- / ESSAYFILME

All Documentary Films at 37th TEDDY AWARD

KURZFILME

All Short Films at 37th TEDDY AWARD

AUSTELLUNGEN

Film still Un gif larguísimo | A Very Long Gif © Eduardo Williams

SERIE

Film still Bad Behaviour © Sarah Enticknap