Schlagwort-Archive: LGBT

Die queer.de Readers Jury

In diesem Jahr ist queer.de erstmals Medienpartner des TEDDY AWARD und vergibt den Preis der queeren Leser*innen. Bei der Auswahl der Jury für den TEDDY Readers‘ Award 2019 legten wir besonderen Wert darauf, dass sie genauso vielfältig ist wie unsere Community. Das fünfköpfige Team setzt sich aus Amanda Halbrock, Oliver Maus, Katayun Pirdawari, Gerlinde Kenkel und Fabian Schäfer (von l. nach r.) zusammen.

Amanda Halbrock aus Berlin ist mit 21 Jahren das jüngste Jurymitglied. Die non-binary queere Person, die neuerdings auch als Dragking unterwegs ist, freut sich auf die Aufgabe und wünscht sich, die Vielfalt der Community auch auf der Leinwand widergespiegelt zu sehen.

Oliver Maus kommt aus Wien zu den Filmfestspielen nach Berlin. Der 25-jährige Student der Medienwissenschaften will u.a. einen analytischen Blick auf queeres Kino, mit dem er sich seit Jahren begeistert auseinandersetzt, in die Jury einbringen.

Katayun Pirdawari war in den vergangenen Jahren schon in mehreren Jurys zum TEDDY Readers‘ Award. Für die 56-jährige Lesbe aus Berlin ist die Berlinale ein Fest der Kulturen und eine Weltreise. Mit ihrer Wahl möchte sie die Herzen der Menschen berühren.

Gerlinde Kenkel, kommt ebenfalls aus der Hauptstadt. Die 63 Jahre alte, lesbische trans Frau freut sich besonders auf den Austausch mit anderen Filmfans, ohne sich dabei zu verbiegen. Sie hofft auf Filme mit Inhalt, die überraschen.

Fabian Schäfer ist freier Journalist und studiert seit dem Wintersemester in Sofia. Der 24-jährige thematisiert am liebsten alles, was den heteronormativen Rahmen sprengt und möchte queere Menschen authentisch und in all ihrer Vielfalt in den Medien präsentieren.

13. XPOSED Quer Film Festival

In diesem Jahr haben 43 queere Kurzfilme aus aller Welt genau das getan und ihren Weg in unser Programm gefunden. 43 Kurzfilme, die die Queerness des Filmemachens erforschen und zelebrieren und einen Weg des Geschichtenerzählens finden, der nicht nur die Heteronormativität, sondern auch das konventionelle Kino herausfordert.

Queer Filmikone Mara Mattuschka eröffnet XPOSED mit einer persönlichen Präsentation ihrer neuesten Arbeit PHAIDROS und wird unser Ehrengast bei der Artist in Discussion Session im Aquarium sein.
>>http://www.xposedfilmfestival.com/

Der Schritt ins Licht: Repräsentation von Transidentitäten in der brasilianischen Kunstszene

Evangelina Kraniotis sphärischer Dokumentarfilm ,Obscuro Barroco‘ verspricht die „Geschichte einer stillen Finsternis“, indem er den Erfahrungen des Trans-Charakters Luana Muniz folgt, wie sie sich im Karneval von Rio de Janeiro einen Weg durch die Straßen bahnt. Im Laufe des Films erleben wir eine Bewegung aus der Nacht zum Tag und die Schlussszene des Films zeigt Sonnenstrahlen, die sich über den Horizont erstrecken. Die Verwandlung der Stadt aus dem Dunkel hin zum Licht symbolisiert die Metamorphose der Geschlechter, wie sie im Film gezeigt wird, aber gleichzeitig auch allgemein die Trans-Bevölkerung in dieser Region, die immer sichtbarer wird. Wie der Trans-Protagonist in die Morgendämmerung Rios tritt, so treten auch zahlreiche Trans-Künstler auf brasilianische Bühnen. Dieser Dokumentarfilm von Kraniotis ist nur einer von zahlreichen brasilianischen und lateinamerikanischen Filmen im Programm des Teddy Awards 2018, der queere und Transkultur zelebriert. So etwa auch ‚Bixa Travesty‘ von Regisseur Kiko Goifman, eine empfindsame Filmbiographie über die brasilianische Trans-Sängerin Linn da Quebrada. Zu den zunehmenden Darstellungen von Trans-Personen auf den großen Leinwänden reihen sich entsprechende Entwicklungen in kleineren Rahmen. Die Daily-Soap ‚Edge of Desire‘, ein Bericht über die Geschlechtsumwandlung eines Trans-Manns, fesselte 2017 pro Nacht 50 Millionen Fernsehzuschauer. Die Sendung wurde vom brasilianischen Medien-Netzwerk Globo ausgestrahlt und war die erste Soap in der Geschichte des Landes mit einem Trans- Charakter in einer Hauptrolle. Außerdem stellte der Trans-Sänger Pabllo Vittar in diesem Jahr mit seinem Lied Sua Cara einen neuen Klick-Rekord bei YouTube auf und die Show des britischen Bühnenautors Jo Clifford, ‚The Gospel According to Jesus, Queen of Heaven’, die Jesus als eine Trans-Frau zeigt, ist seit seinem Debüt 2016 ständig auf allen Bühnen des Landes ausverkauft. Brasilien beheimatet eine große Gemeinschaft von Trans-Menschen, neben Angehörigen der travestis. Dieses „dritte Geschlecht“ des Landes beschreibt Personen, die bei Geburt als Männer eingeordnet wurden, aber eine weibliche Geschlechtsidentität ausleben. Ihre jährliche Pride-Parade in Sao Paolo ist die größte der Welt und zog im vergangenen Jahr drei Millionen Besucher an. Auch hinsichtlich LGBTQ-Rechten stellt das Land ein Paradebeispiel dar: Als eine der ersten überhaupt arbeitete die Regierung des Landes mit solchen Organisationen zusammen und bot HIV- und Aids-Erkrankten kostenlose medizinische Behandlung. 2013 kam dazu die gesetzliche Anerkennung der gleichgeschlechtlichen Ehe sowie des Rechts darauf, seinen Namen und die Geschlechtsangabe auf einigen vom Staat ausgestellten persönlichen Dokumenten zu ändern. Folglich spiegelt sich die wachsende rechtliche Umsetzung von Trans-Identitäten zwangsläufig auch in der Ausgestaltung dieser in der brasilianischen Kunstszene wider. Trotzdem schwebt eine dunkle Wolke über diesen Fortschritten: Mehr Sichtbarkeit im öffentlichen Raum wird gleichzeitig von mehr und lauter werdender Feindseligkeit begleitet. In der Kunstwelt zeigt diese Feindseligkeit sich in Form von gesellschaftlicher Zensur – zwei Ausstellungen queerer Kunst wurden in diesem Jahr in Brasilien frühzeitig wegen politisch rechter und christlich-konservativer Proteste geschlossen. Im täglichen Leben manifestiert sich die Opposition gegenüber der Queer- und Trans-Gemeinschaft in Form brutaler Gewalt. Machismo-Kultur ist in weiten Teilen Lateinamerikas noch stark vertreten: Laut der UNO wird in Sao Paulo alle 15 Sekunden eine Frau angegriffen und 2017 wurden 200 LGBTQ-Personen in Brasilien ermordet. Besonders Trans-Menschen sind stark gefährdet, wie grausamerweise im letzten Jahr ein sich rasend schnell verbreitendes Video zeigte, in dem die Trans-Frau Dandara dos Santos in Fortaleza gequält und getötet wurde. Wir sind vermutlich noch viele Jahre davon entfernt, bis Trans-Kunst in ein Rampenlicht treten kann, das nicht von solchen Vorurteilen und Gewalt beschmutzt ist. Heute aber müssen wir den Mut der zahlreichen Filmemacher, Schauspieler, Sänger und Theaterbesucher anerkennen, die öffentlich queere und Trans-Kultur zelebrieren, trotz dieser Feindseligkeiten. Übersetzung: Martina Zigmund [1] https://www.nytimes.com/2017/10/07/world/americas/brazil-transgender-pabllo-vittar.html [2] https://www.nytimes.com/2017/10/07/world/americas/brazil-transgender-pabllo-vittar.html [3] https://www.youtube.com/watch?v=hWNQtlsvQiY [4] http://www.rioonwatch.org/?p=37249 [5] http://www.rioonwatch.org/?p=37249 [6] http://www.bbc.com/news/world-latin-america-33939470

Eine sehr fantastische Frau gewinnt einen Oscar

Anlässlich der 90. Oscarverleihung am vergangenen Sonntag wurde „Una Mujer Fantástica“ (Eine fantastische Frau) mit dem Oscar für den besten fremdsprachigen Film ausgezeichnet. Der Film, der 2017 mit dem TEDDY AWARD für den besten Spielfilm ausgezeichnet wurde, ist das Werk des chilenischen Regisseurs Sebastián Lelio. Der Oscar für einen nicht-englischsprachigen Film wird seit 1956 vergeben und „A Fantastic Woman“ ist in vielerlei Hinsicht ein Meilenstein; Es ist der erste chilenische Film, der mit dem fremdsprachigen Oscar ausgezeichnet wurde, der erste Film mit einem trans themenbezogenen Plot, der den Preis mit nach Hause nimmt, und Hauptdarstellerin Daniela Vega ist die erste offene transgender Person, die bei der Preisverleihung derOscars einen Preis auf der Bühne überreicht. Sebastián Lelio lobte Daniela Vega als „Inspiration für diesen Film“.

Die Geschichte folgt Marina (Daniela Vega), einer Transfrau, die als Kellnerin arbeitet und eine liebevolle Beziehung zu Orlando (Francisco Reyes) hat, einem geschiedenen Mann, der 30 Jahre älter ist. Ihre liebevolle Liebe wird am Tag des plötzlichen Todes von Orlando abrupt beendet. Nach dieser Tragödie sieht sich Marina mit dem Hass von Orlandos Ex-Frau und Kindern konfrontiert. Sie kämpft gleichzeitig für ihr Recht, ihren Geliebten zu betrauern und gegen die Vorurteile und Schikanen der Familie ihres verstorbenen Liebhabers. Der Film gibt nicht nur eine einfühlsame Darstellung des universellen Rechts auf Trauer, sondern erzählt auch die intime Geschichte einer Trans-Frau im heutigen konservativen Chile. Auf einer breiteren Ebene beleuchtet der Film die Transphobie und Ignoranz, die für viele Transpersonen auf der ganzen Welt den Alltag ausmachen. Nur wenige können das Kino unbeeindruckt von dieser berührenden Geschichte von Liebe und Verlust verlassen.

Um mehr über den Film zu erfahren geht am besten in das nächste Kino in dem er läuft. Bis dahin schaut einfach mal in das Interview mit Regisseur Sebastián Lelio und den Hauptdarsteller*innen Daniela Vega und Francisco Reyes: https://www.youtube.com/watch?v=Q9VQLBKaP9Q

TEDDY Readers‘ Award powered by Mannschaft Magazin

Als stolzer Teddy-Medienpartner verleiht Mannschaft Magazin den «TEDDY Readers‘ Award». Diese fünf Filmfreaks entscheiden.

Seit über dreissig Jahren zeichnet der «Teddy Award» im Rahmen der Berlinale queere Filme aus. 2018 ist Mannschaft Magazin erstmals als Medienpartner dabei und darf den «Teddy Readers Award» verleihen. Bis zum 15. Dezember konnten sich quere Filmfans als Jurymitglieder bewerben. Mannschaft erhielt einen grossen Haufen Dossiers, was die Auswahl nicht einfach machte! Schliesslich entschieden  sie sich für eine Zusammensetzung, die unterschiedliche Aspekte des Filmschaffens und queere Interessen so vielfältig wie möglich vereint. Verliehen wird der Teddy am 23. Februar im Haus der Berliner Festspiele. Die 68. Internationalen Festspiele Berlin finden vom 15. bis 25. Februar 2018 statt – teddyaward.tv

Martin Busse, 30

Der gebürtige Berliner ist Musikredakteur bei der Mannschaft, interessiert sich aber auch leidenschaftlich für queeres Filmschaffen. Als Kind wollte er Regisseur werden, heute besitzt Martin nicht weniger als 600 DVDs von Arthaus bis Trash. Als Jurypräsident und offizieller Vertreter der Mannschaft wird Martin die Jury leiten.

Katayun Pirdawari, 54

Katayun ist fast jedes Jahr bei der Berlinale anzutreffen und bringt viel Erfahrung mit, sass sie doch schon für die Siegessäule und das Männer Magazin in der Leserjury. Seit bald dreissig Jahren setzt sich die 54-Jährige mit persischem Hintergrund für LGBT-Rechte und für lesbische Iranerinnen ein, vier Jahre davon als Vorstandsmitglied des Lesben- und Schwulenverbands LSVD. Aufgrund von AfD, Trump, Erdogan und Putin ist Katayun besonders gespannt, welche Filme dieses Jahr bei der Berlinale zu sehen sein werden.

Holger Beisitzer, 42

Holger ist regelmässiger Kinogänger und hat für einen Wettbewerb auch schon einen «ganz kurzen Kurzfilm» gedreht, wie er sagt. Als schwuler Papa bringt der Künstler und Innenarchitekt die Sicht aus einer Regenbogenfamilie mit.

Christine Burkart, 35

Christine ist selbstständige Videojournalistin, Fotografin und Museumspädagogin und begeistert sich schon lange für queere Themen. Sie bezeichnet sich als offen bisexuell, auch wenn das Schubladendenken ihr fast immer zu eindimensional erscheint. In ihrem Studium setzte sie sich mit Kunstgeschichte, Gendertheorie und filmwissenschaftlichen Fragestellungen auseinander – Wissen, auf das sie als Jurorin gerne zurückgreifen wird.

Adriell Kopp, 30

Die Präsenz queerer Filmfiguren sowie die Verfilmung ihrer Schicksale sind für Adriell ein essenzieller Bestandteil für die Identitätsfindung der LGBT-Community. Als grosser Fan des Queer Cinema und Student der Medienwissenschaften verfügt der 30-Jährige über einen geschulten Blick für Medienästhetik, queere Kunst und für Identitätspolitik.