Archiv der Kategorie: Blog

Die TEDDY Jury 2018

Das ist die TEDDY AWARD Jury 2018

Antonio Harfuch

TEDDY Jury Member Antonio Harfuch

Antonio Harfuch ist Content-Produzent und Filmkurator in Mexiko City. Er hat in mehreren Medienproduktionsfirmen gearbeitet, darunter Zamora Films, The Maestros, Redrum, Piano Films. Von 2015 bis 2017 war er Filmkurator für das Morelia International Film Festival, eines der einflussreichsten Filmfestivals in Lateinamerika, wo er auch Teil des Teams war, das Inhalte für die Social Media des Festivals produzierte. Er ist der Gründer und künstlerische Koordinator des Genre- und Sexual-Diversity-Filmprogramms, einem Programm von mexikanischen Queer-Kurzfilmen, die aus diesem Festival hervorgegangen sind. Er engagiert sich stark für die Förderung von LGBT-Filmen und allgemein für Filme, die den Reichtum der menschlichen Vielfalt zeigen. Zur Zeit arbeitet er als Kolumnist über Film für Fusion, eine spanischsprachige Nachrichten- und Kultur-Website.

TEDDY Jury Member Antonio Harfuch

Bohdan Zhuk

TEDDY Jury Member Bohdan-Zhuk
TEDDY Jury Member Bohdan-Zhuk

Bohdan Zhuk ist Programmer für das Kyiv International Film Festival Molodist, seit 2014 das größte Filmfest der Ukraine, das 2018 zum 47. Mail stattfinden wird. Er ist der Kurator für das LGBTQ-Programm Sunny Bunny, das seit 2001 zum Festival gehört und die älteste regelmäßige Queer-Veranstaltung in der Ukraine ist. Unter seiner Kuration wurde das Festival vergrößert und umgestaltet: Neben einem Wettbewerb für Spielfilme gibt es Vorstellungen nicht-konkurrierender Dokumentarfilme und Klassiker. Außerdem hat er Partnerschaften mit den führenden LGBTQ-Organisationen des Landes ins Leben gerufen sowie mit dem Equality Festival, das in mehreren Städten ausgerichtet wird, und Kyiv Pride. Bohdan hat einen Master-Abschluss in Linguistik, einen Hintergrund als Übersetzer, Radio-Journalist und -Sprecher, arbeitet für das British Council in der Ukraine als Kommunikationsmanager, schreibt Kino-Artikel und übersetzt Filme für nationale Veröffentlichungen (zuletzt David Lynch: The Art Life, Moonlight, etc.).

Franck Finance-Madureira

TEDDY AWARD Jury Member 2018 Franck Finance-Madureira (by Sébastien Dolidon)
TEDDY AWARD Jury Member 2018 Franck Finance-Madureira (by Sébastien Dolidon)

Franck Finance-Madureira ist ein französischer Filmjournalist ansässig in Paris. Er ist der leitende Co-Herausgeber von FrenchMania, das in Form einer Webseite und eines Magazins Filme und TV-Serien aus dem Blickwinkel der Frankophonie gehandelt. Er ist Mitglied der Interessenvertretung französischer Film- und TV-Kritiker (Syndicat Français de la Critique de Cinéma et des Films de Télévision).

2010 rief er die Queer Palm, den LGBTQI-Preis des Filmfestivals von Cannes ins Leben, dessen Leitsatz “Open minded award since 2010” lautet. In der Queer Palm-Jury saßen schon einige berühmte Regisseure als Vorsitzende: Bruce LaBruce, João Pedro Rodrigues, Desiree Akhavan, Olivier Ducastel sowie Jacques Martineau, und im vergangenen Jahr Travis Mathews.

Marthe Djilo Kamga

TEDDY AWARD Jury Member MartheDjiloKamga©LisaDeveltere_1651
TEDDY AWARD Jury Member MartheDjiloKamga©LisaDeveltere_1651

Marthe Djilo Kamgaist eine der Gründer*innen und Koordinator*innen des Massimadi Festivals in Brüssel. Ihr professioneller und persönlicher Lebenslauf war immer bestimmt von Themen wie Verankerung, Verwundbarkeit, mehreren Identitäten und Chancengleichheit. Aktuell nähert sie sich durch künstlerische Werk und kulturelle Produktionen (Film, Performances, Photos, etc.) den Fragen nach der Umgestaltung des öffentlichen Raums und der Herstellung von Bildern und Archiven durch Leute, die sich in unsichtbaren Positionen befinden. Sie bezeichnet sich selbst weder als Kämpferin noch als Forscherin. Durch eine eher wissenschaftliche und soziale akademische Laufbahn bereichert, definiert sie sich als gescheiterte Künstlerin in Selbst-Therapie. Sie will nichts auslassen und fragt sich ständig, ob ein einziges Leben ausreichen kann, um ihren ganzen Wissensdurst zu stillen.

Natascha Frankenberg

TEDDY Jury Member 2018 Natascha Frankenberg
TEDDY Jury Member 2018 Natascha Frankenberg

Natascha Frankenberg ist Programmerin der Sektion für queeren Film: begehrt! beim Internationalen Frauenfilmfestival Dortmund|Köln. Sie ist Film- und Medienwissenschaftlerin und promoviert zur Auseinandersetzung mit Zeitlichkeit in den Queer Studies und in queeren Dokumentarfilmen. Sie war wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Medienwissenschaft in Bochum und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Helene Lange Kolleg: Queer Studies und Intermedialität: Kunst – Musik – Medienkultur an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Ihr Beitrag: Wann und wo wird queerer Film gewesen sein? Keine Coming-Of-Age Geschichte ist Teil des von Dagmar Brunow und Simon Dickel herausgegebenen Sammelbandes Queer Cinema, der zur Berlinale 2018 im Ventil Verlag erscheint

Pecha Lo

TEDDY Jury Member 2018 Pecha Lo
TEDDY Jury Member 2018 Pecha Lo

Pecha Lo hat ihren Master-Abschluss in Filmgeschichte und visuellen Medien an der Birkbeck University in London gemacht, wo sie fachliches Wissen von Laura Mulvey erlernte und starkes Interesse an Film und Theorien über Feminismus und Gender Equality entwickelte. Aktuell arbeitet sie als Generalsekretärin in der Taiwan Women’s Film
Association und ist Festivalleitung des internationalen Women Make Waves Film Festival in Taipei, Taiwans drittgrößtem Filmfestival und Festival nur für Frauen. Seine Queer-Sektion ist einflussreich, gilt als Kult und hat über die letzten 24 Jahre massiv an Zuschauerschaft gewonnen. Pecha hält auch Vorlesungen über Film an Volkshochschulen, ist freischaffende Filmkritikerin und tritt für die Bewegung von LGBT-Rechten in Taiwan ein. In der Vergangenheit war sie in der Jury des Seoul International Women’s Film Festivals (2014), des Network of Asian Women Film Festivals (NAWFF-Award, 2013-2017), des International Women’s Film Festivals Dortmund | Cologne (2017) und des London Feminist Film Festivals (2017).

 Roisín Geraghty

TEDDY AWARD Jury Member 2018, Roisin-Geraghty
TEDDY AWARD Jury Member 2018, Roisin-Geraghty

Roisín Geraghty ist Producerin, Programmerin und Festivalmanagerin mit Erfahrung in Film- und Festivalproduktion sowohl in Irland als auch den USA. Aktuell ist sie Filmprogrammerin für das GAZE International LGBT Film Festival. In der Vergangenheit arbeitete sie für das Cork Film Festival, das Galway Film Fleadh and Guth Gafa International Documentary Film Festival in Irland wie auch das Independent Filmmaker Project (IFP) und das Tribeca Film Festival in New York. Sie interessiert sich für die Umsetzung, Kuration und Verbreitung von unabhängigen Spiel- und Dokumentarfilmen und engagiert sich für sowohl kreative als auch wirtschaftliche Bereiche von Film.

TEDDY goes Oscars

YESS! Ein Grund mehr, sich auf den TEDDY 2018 zu freuen. Drei Filme des TEDDY AWARD 2017 sind für die Oscars nominiert: „Call Me By Your Name“ von Luca Guadagnino für Best Actor, Best Picture, Best Screenplay und Best Original Song, Strong Island“ von Yance Ford für Best Documentary Feature sowie der letztjährige TEDDY AWARD Gewinner Una mujer fantástica von Sebastián Lelio für Best Foreign Language Film.

Herzlichen Glückwunsch und Daumen drücken!

Interview mit Yance Ford about Strong Island

Interview mit Sebastián Lelio, Daniela Vega undFrancisco Reyes

TEDDY Readers‘ Award powered by Mannschaft Magazin

Als stolzer Teddy-Medienpartner verleiht Mannschaft Magazin den «TEDDY Readers‘ Award». Diese fünf Filmfreaks entscheiden.

Seit über dreissig Jahren zeichnet der «Teddy Award» im Rahmen der Berlinale queere Filme aus. 2018 ist Mannschaft Magazin erstmals als Medienpartner dabei und darf den «Teddy Readers Award» verleihen. Bis zum 15. Dezember konnten sich quere Filmfans als Jurymitglieder bewerben. Mannschaft erhielt einen grossen Haufen Dossiers, was die Auswahl nicht einfach machte! Schliesslich entschieden  sie sich für eine Zusammensetzung, die unterschiedliche Aspekte des Filmschaffens und queere Interessen so vielfältig wie möglich vereint. Verliehen wird der Teddy am 23. Februar im Haus der Berliner Festspiele. Die 68. Internationalen Festspiele Berlin finden vom 15. bis 25. Februar 2018 statt – teddyaward.tv

Martin Busse, 30

Der gebürtige Berliner ist Musikredakteur bei der Mannschaft, interessiert sich aber auch leidenschaftlich für queeres Filmschaffen. Als Kind wollte er Regisseur werden, heute besitzt Martin nicht weniger als 600 DVDs von Arthaus bis Trash. Als Jurypräsident und offizieller Vertreter der Mannschaft wird Martin die Jury leiten.

Katayun Pirdawari, 54

Katayun ist fast jedes Jahr bei der Berlinale anzutreffen und bringt viel Erfahrung mit, sass sie doch schon für die Siegessäule und das Männer Magazin in der Leserjury. Seit bald dreissig Jahren setzt sich die 54-Jährige mit persischem Hintergrund für LGBT-Rechte und für lesbische Iranerinnen ein, vier Jahre davon als Vorstandsmitglied des Lesben- und Schwulenverbands LSVD. Aufgrund von AfD, Trump, Erdogan und Putin ist Katayun besonders gespannt, welche Filme dieses Jahr bei der Berlinale zu sehen sein werden.

Holger Beisitzer, 42

Holger ist regelmässiger Kinogänger und hat für einen Wettbewerb auch schon einen «ganz kurzen Kurzfilm» gedreht, wie er sagt. Als schwuler Papa bringt der Künstler und Innenarchitekt die Sicht aus einer Regenbogenfamilie mit.

Christine Burkart, 35

Christine ist selbstständige Videojournalistin, Fotografin und Museumspädagogin und begeistert sich schon lange für queere Themen. Sie bezeichnet sich als offen bisexuell, auch wenn das Schubladendenken ihr fast immer zu eindimensional erscheint. In ihrem Studium setzte sie sich mit Kunstgeschichte, Gendertheorie und filmwissenschaftlichen Fragestellungen auseinander – Wissen, auf das sie als Jurorin gerne zurückgreifen wird.

Adriell Kopp, 30

Die Präsenz queerer Filmfiguren sowie die Verfilmung ihrer Schicksale sind für Adriell ein essenzieller Bestandteil für die Identitätsfindung der LGBT-Community. Als grosser Fan des Queer Cinema und Student der Medienwissenschaften verfügt der 30-Jährige über einen geschulten Blick für Medienästhetik, queere Kunst und für Identitätspolitik.

Erweiterung des ,,Me” im ,,Me Too”

Wo sind die Stimmen der LGBT+-Opfer?

Die steigende Zahl der Menschen, die die Stimme gegen sexuellen Missbrauch in der Film- und Entertainmentbranche erheben, verdeutlicht einen dramatischen Wandel in der kulturellen Haltung gegenüber sexueller Gewalt. Endlich werden Beschuldigungen von sexuellen Übergriffen mit der Strenge behandelt, die schon vor Jahrzehnten die Norm hätte sein sollen. Wiederholungstäter wie Harvey Weinstein und James Toback wurden von ihrem Thron des Missbrauchs gestürzt und so könnten wir die Arbeit als geschafft betrachten. Aber in Wirklichkeit birgt jeder Ausspruch gegen sexuellen Missbrauch eine weitere Stimme, die durch den Druck von Stigma, Furcht und Scham zum Schweigen gebracht wird.

Unter diesen vielen stummen Opfern sind Angehörige der Queer-Community, die oft am meisten unter der Last der sozialen Stigmatisierung leiden. Größtenteils sind es cis-het Frauen, die sich stark genug fühlen an die Öffentlichkeit zu gehen, neben einigen cis-het Männern (Terry Crews, James Van Der Beck). Anthony Rapp, Opfer von Kevin Spaceys ungewollter sexueller Annäherung im empfindlichen Alter von 14 Jahren, gehört zu einem auffällig kleinen Chor aus queeren und Trans-Stimmen, die selbstsicher genug sind, um ähnliche Erfahrungen wie ihre Cis-Mitmenschen auszusprechen. Statistisch gesehen sind Trans-Menschen einem größeren Risiko von sexueller Gewalt ausgesetzt als Cis-Frauen, bisexuelle Männer und Frauen erfahren sexuelle Übergriffe regelmäßiger als ihre heterosexuellen Zeitgenossen, Lesben erleben fast 10% eher eine Vergewaltigung als heterosexuelle Frauen und schwule Männer werden doppelt so oft Opfer von sexueller Gewalt wie heterosexuelle Männer. Es wäre gerechtfertigt anzunehmen, dass diese Statistiken auch in Form sexueller Verbrechen in der Film- und Entertainmentbranche widergespiegelt werden. Warum fühlen sich also so wenige der LGBTQ-Community ermächtigt, sich neben ihren cis-het Kollegen zu äußern?

Andria Wilson, Geschäftsführerin des Toronto und Ottawa Inside Out Film Festivals, erklärt dies folgendermaßen: ,,Als LGBTQ-Menschen stehen uns mehr Hindernisse und Bürden im Weg… In vielerlei Hinsicht bedeutet dies, dass diese Art von Straftaten öfter passiert und seltener gemeldet wird.” Eines dieser Hindernisse ist der doppelte Druck, unter dem queere und Trans-Menschen hinsichtlich ihres Coming-Outs leiden, sowohl über ihre Sexualität als auch über ihre Erfahrungen mit sexueller Gewalt. Zum Missbrauch selbst kommt zudem die Schwierigkeit, das Durchlebte in Worte zu fassen – und kann dadurch zu einer Zusammenfassung der beiden Erfahrungen als ein einziges traumatisches Erlebnis führen, sozusagen als eine Art Umkehreffekt von Spaceys doppeltem „Geständnis“. Zudem kommt in einigen Gesellschaften die Auffassung mit ins Spiel, dass Homosexualität und Transgenderismus sexuelle Abweichungen seien. Laut Trans-Aktivistin Ashlee Marie Preston sind weiße Cis-Ankläger ,,durch Respektabilitätspolitik ein bisschen mehr geschützt als farbige Trans-Frauen”.

Noch subtiler ist die Art, in der das Vokabular, das zur Beschreibung sexueller Gewalt verwendet wird, Angehörige der Queer- und Trans-Community ausschließt. Normalerweise werden sexuelle Übergriffe im Rahmen männlicher Übergriffe gegenüber Frauen verstanden, während ‘Vergewaltigung’ ausdrücklich sexuelle Penetration bezeichnet. Derartiger Sprachgebrauch ist lückenhaft, wenn es darum geht, Fälle von Gewalt von Frauen gegenüber Frauen auszudrücken. Wenn man in Betracht zieht, dass Deutschland erst 2016 die Gesetzeslage zu Vergewaltigung änderte, sodass Opfer der Vergewaltigung nicht länger Nachweis der Selbstverteidigung erbringen müssen, ist ein fehlendes Vertrauen in die rechtliche und gesellschaftliche Struktur, die angeblich die Überlebenden unterstützt, nicht überraschend.

Die Lücken in diesem Unterstützungsnetzwerk reichen auch in die Welt der sozialen Medien: Während es höchst ermutigend ist, so viele Frauen zu sehen, die sich zur Teilnahme an der ,,Me Too”-Kampagne ermächtigt fühlen, ist es auch essentiell, die Beschränktheit des Vokabulars zu erkennen, mit dem der Hashtag verbunden wird. Die Anweisung für ,,Frauen, die sexuell belästigt oder tätlich angegriffen wurden”, einen ,,Me Too”-Status zu verfassen, schließt die Möglichkeit aus, dass sexuelle Übergriffe etwas komplexer als sexuelle Aggressionen von Männern gegenüber Frauen sein können. Wie aus den oben genannten Statistiken hervorgeht, sind queere und Trans-Menschen einem erhöhten Risiko sexueller Gewalt ausgesetzt, und es ist daher unerlässlich, dass wir über die rechtlichen, sprachlichen und gesellschaftlichen Mittel verfügen, dieses Risiko wiederzugeben. Ohne diesen Rahmen scheint jegliche Beanspruchung eines definitiven Fortschritts borniert durch eine heteronormative Vorstellung von sexueller Gewalt und wer das Recht auf das ,,Me” in ,,Me Too” hat.

Übersetzung:Naomi Scherer

Quellen:

https://sapac.umich.edu/files/sapac/SV%20Against%20Trans%20People_1_0.pdf

http://www.transequality.org/sites/default/files/docs/usts/USTS%20Full%20Report%20-%20FINAL%201.6.17.pdf

http://www.cbc.ca/news/entertainment/spacey-lgbt-react-power-vulnerable-1.4381878

https://www.vice.com/en_us/article/qv34wb/we-bring-it-on-ourselves-the-myths-silencing-lgbtq-sexual-assault-victims

http://www.bbc.com/news/world-europe-36726095