Verloren in Übersetzung

Wenn man eine Blögin für ein internationales Filmfestival macht, möchte man natürlich auch, dass die Menschen aus aller Welt verstehen, was dort über die Filme, Veranstaltungen und Künstler geschrieben wird. Deutsch, auch wenn es nach Anzahl der Muttersprachler die größte Sprache Europas ist, kann dabei aber insgesamt nur einen kleinen Teil der Weltbevölkerung erreichen. Mittlerweile hat sich jedoch das Englische als Lingua franca auf dem internationalen Parkett durchgesetzt, sodass Texte in der Regel nur noch in eine Sprache übersetzt werden müssen. Das machte vieles einfacher.

Gleichzeitig sollte man die Tücken des Übersetzens aber nicht unterschätzen, denn man kann leicht in ungeahnte Probleme geraten. So wurde ein Freund unlängst in Schweden gefragt, ob er die schwedische Nationalhymne kenne: „Ja, jag vill leva, jag vill dö i norden…“ (Ja, ich möchte leben, ich möchte sterben im Norden…) Natürlich, der Satz war ja vor der Reise extra gelernt worden und so bejahte er und sagte „Ja, jag vill leva, jag vill döda här i norden…“, was leider nicht ganz dem Original entsprach und bedeutete: Ja, ich möchte leben, ich möchte töten hier im Norden. Die sozialen Kontakte in Schweden blieben anschließend leider aus.

Schlimmer noch scheint allerdings die Situation in Dänemark zu sein, wo selbst die Dänen untereinander kaum noch miteinander kommunizieren können. Aber an dieser Stelle geht es ja eigentlich nicht um Schwedisch-Deutsche oder Dänisch-Dänische Übersetzungen, sondern um das Überführen deutschen Texten ins Englische. Auch da gibt es genug Probleme: So kann ein Akrobat im Deutschen zwar eine doppelte Schraube darbieten, wenn er im Englischen aber „a double screw“ macht, scheint es eher, dass er nebenbei als Werkzeughersteller tätig ist.  Auch die Spielfreude einer Schauspielerin bleibt den englischen Lesern als „playjoy“ wohl eher verborgen.

Und die andere Richtung, also vom Englischen ins Deutsche? Wie übersetzt man denn eigentlich ‚queer‘? Nennt man es ‚quer‘ und prägt damit einen neuen Begriff? Oder sagt man ‚schräg‘, weil es ja nicht ‚straight‘ ist? Und was ist überhaupt mit ‚straight‘? Gibt es dafür einen deutschen Begriff? – „Ja!“, hat mal eine angeheiterte Bekannte ausgerufen, „Langweilig!“.  Das ist dann aber sicherlich so wenig politisch korrekt wie ein schwuler Pass im Fußball. Na ja, der Engländer würde sagen, sie hat da wohl nur jemandem am Bein gezogen. Auf der Blögin geht das aber nicht, denn sonst wäre bald meine Schreiblizenz weg und dann könnte ich nur noch sagen: There we have the salad. Demnach bleibt es wohl dabei, dass ich bei den Oversittingen in der Translation verloren bleibe.

Beste Rücksichten,
Seb

Gender-Bending für Beginner

Einfache Übung zum Überkommen von Gendern.

(Leseempfehlung: Es wird zur Erreichung des vollen Genusses empfohlen, den folgenden Text laut zu lesen.)

l’amour
der Film
the prize
das Blog

the prize
das Blog
l’amour
der Film

der Film
das Blog
the prize
l’amour

l’amour
the Prize
der Film

le Blog
d’amour
the Film
der prize

das prize
d’amour
le Film
the Blog

der Blog
das Film
th’amour
le prize

l’amour
der Film
the prize
te ddy.

 

Gender-Bending à la Ernst Jandl.

Die Blögin

Bericht aus der Redaktionssitzung

Im Anfang war das Wort. Und das Wort war Blog. Aber war es nun ‚das Blog‘ oder ‚der Blog‘? So saßen fünf Redakteur_innen grübelnd an einem Tisch und begannen, in ihren Smartphones zu orakeln. Der Duden klärte uns sachlich auf, dass es sich bei unserem Wort um ein ‚Substantiv, Neutrum oder Substantiv, maskulin‘ handelt. Mit anderen Worten: „das, auch: der Blog“. Aber damit war noch immer keine Entscheidung herbeigeführt.

Vielleicht ließe sich die Frage klären, wenn wir wüssten, wo das Wort herkommt. Ethymologisch bewanderte Teilnehmer_innen klärten uns auf, dass das Wort ‚blog‘ aus dem Englischen stammt und die verkürzte Version von ‚weblog‘ ist. Die zweite Hälfte des Wortes kommt wiederum vom ‚logbook‘, vom Logbuch also, in dem Seefahrer die Ereignisse ihrer Reisen festhielten. „Und es heißt schließlich ‚das Buch‘.“ riefen an dieser Stelle bereits die Voreiligen.  Aber was ist mit ‚Log‘ selbst? Das Wort ‚Log‘ beschreibt ein Messgerät von Fahrt und Geschwindigkeit auf See. Ebenfalls ‚das Log‘. – Heureka, also ‚das Blog‘!

Ach, Blog, jetzt wissen wir woher du kommst. Aber quo vadis? Denn schnell kamen die ersten Einwände, dass ‚der Blog‘ doch viel gängiger sei und wir es überhaupt mit einem neuen Wort zu tun hätten. Schließlich könne sich sowas über die Zeit doch auch ändern. „Progressiver Sprachwandel!“ schrien aufgebrachte Stimmen. – Und wir wollen doch progressiv sein, oder?

Schon, aber ist ‚der Blog‘ denn überhaupt politisch korrekt? Warum benutzen wir die männliche und nicht die neutrale Form? Ist das nicht viel eher reaktionär als revolutionär? Oder sollte das Gender hierbei keine Rolle spielen und allein das grammatikalische Genus ans Wort gelangen?

Vielleicht könnten wir es aber auch so machen, wie eine Freundin von mir, die mich unlängst fragte, ob ich ihr meine Kugelschreiberin leihen könne. Kugelschreiberin? Warum dann nicht auch ‚die Blögin‘?

So kamen wir nicht weiter. Und am Ende wurde schließlich per Abstimmung entschieden: Das Blog. Die Mehrheit sprach sich für die klassische, die neutrale Variante aus. Ethymologie, Genderequality und die Demokratie haben gesprochen.

Wichtig ist für uns jedoch neben all dieser Diskussionen vor allem eins: Dieses Blog will ein Blog für alle sein, es will inkludieren und nicht exkludieren. Doch vor allem soll es uns und euch Spaß machen – nicht umsonst schließlich sind die Wörter ‚Blog‘, ‚bloggen‘ und ‚Blogger_in‘ im Duden umrahmt von den Wörtern ‚Blödsinn‘ und ‚blöken‘…

Und damit können wir euch herzlich willkommen heißen auf unserem neuen Teddy Blog!

Seb

Und hier sind wir

Es kam fast aus dem Nichts, an einem Sonntag Nachmittag, einem der ersten kalten Tage in diesem Winter. Wir saßen in einem leeren Büro in der Nähe vom Potsdamer Platz, wo wir versuchten, die Sonntagsarbeit mit hausgemachten Brownies und herrlichem Kuchen zu kompensieren. Eigentlich mussten wir eine Lösung finden, um unsere Filmdatenbank zu verbessern. Doch stellten wir fest, die dringendste Änderung, die wir vornehmen mussten, war nicht die Datenbank sondern das Blog.

Ein Blog hatten wir ja schon, oder wenigstens etwas, was wir „Blog“ nannten : Eine sehr schön geschriebene aber schrecklich aussehende Seite, die irgendwo auf unserer offiziellen Webseite versteckt war. Unser sogenanntes Blog zu finden, war nicht leicht, was vielleicht auch nicht so schlimm war. Denn obwohl wir versuchten, die Seite so schön wie möglich zu gestalten, war das Ergebnis immer dasselbe. TEDDY Today war ein dunkles, statisches Chaos mit zu kleinen Bildern und keinen Videos – ein Albtraum zum Lesen und zum Gestalten.

So sind wir jetzt hier, mit dem Gefühl, ein altes, stinkendes Mofa für ein extrem teueres Luxusauto eingetauscht zu haben. Und das, obwohl wir eigentlich nur WordPress installiert haben. Das Leben kann so einfach sein.

Oder vielleicht müsste ich eher sagen : „Scheint einfach zu sein“. So leicht war das dann doch nicht. Denn wir wollten mehr als nur eine schön aussehende TEDDY Today-Seite. Und hier wird es tatsächlich mehr geben. Viel mehr.

Ich könnte euch von den geplanten Artikeln erzählen, von den Videos unserer Künstler, die wir posten wollen, oder von allen Infos, die ihr hier bekommen werdet. Ich könnte euch erzählen, wie glücklich und stolz wir sind, den Teddy hier mit euch teilen zu können. Aber glaubt mir, das ist nicht das interessanteste an diesem Blog.

Ich habe mal gelesen, dass das Internet kein Medium sei. Derjenige, der das geschrieben hat, heißt Doc Searls, und für ihn ist das Internet ein Ort. Diese Idee gefällt uns. Ein Ort: Das ist genau, was #teddyaward für uns sein muss.

#teddyaward muss zwar eine schöne Plattform für Sebastians TEDDY Todays werden. Es wird auch unsere verschiedenen Internetauftritte verbinden (ja, wir sind ÜBERALL). Aber nicht nur das.

Denn dies ist ein Ort, wo wir euch treffen wollen. Ob TEDDY-Besucher oder nicht, jung, alt, begeisteter Nerd oder im Umgang mit dem Computer noch ein wenig unsicher, Berliner oder aus einer uns unbekannten Stadt : Ihr seid alle herzlich willkommen – zum Lesen oder zum Mitmachen.

Also : Kommentiert, schickt uns eure Fotos, Videos und jede Idee, die ihr für und über #teddyaward habt. Genießt eure Zeit, kommt zurück und helft uns, ein schönes, farbiges Chaos zu gestalten. Perfekt muss es nicht sein – wir sind es nicht, und erwarten nicht von euch, dass ihr es seid. Aber wir werden euch brauchen. Weil dieser Ort eigentlich euer Ort ist.

Herzlich,
Esther

PS: Ist diese Seite ernsthaft gemeint? Ja, drei Mal ja! Dass wir ein Blog haben heißt nicht, dass wir ab jetzt während unserer Bürozeit nur noch witzige oder blöde Bilder posten werden. Natürlich wollen wir hier gemeinsam Spaß haben, aber wir wollen euch auch interessante Inhalte anbieten. Sowieso sind Lolcats ja überall im Internet zu finden.

PS2: Und ja, unsere offizielle Seite steht für reine Infos, Presse oder Archiv immer noch hier zu Verfügung.

PS3: Dies bedeutet nicht, dass TEDDY Today verschwinden wird. Wie immer schaut sich unser Blogger Sebastian Filme für euch an, und freut sich jetzt schon, euch hier auf dem Blog täglich durch die Berlinale zu begleiten!

Wer ist das denn?

Die Tänzerin Valeska Gert war in den 1920er und 1930er Jahren eine Berühmtheit. Und dies nicht nur in ihrer Heimatstadt Berlin, sondern durch ihre Tourneen und ihre Emigration auch in Europa, Moskau und den Vereinigten Staaten. Valeska Gert war eine Künstlerin von ungeheurer Modernität. Ihre avantgardistischen Tanz-Soli waren ihrer Zeit weit voraus und beeinflussten die Jahrzehnte danach.

Valeska Gert wurde 1892 in Berlin geboren. Sie wohnte mit ihren Eltern in der Köpenicker Straße. Bereits mit fünf Jahren erhielt sie Tanzstunden; mit 16 Schauspielunterricht. Kurze Zeit, nachdem sie 1916 als Tänzerin debütierte, wurde sie bekannt: Ihre exzentrischen Tanzpantomimen, in denen sie Sujets wie Boxen, Nervosität, Kupplerin, Politiker und Prostitution analysierte und deren Vielschichtigkeit als Einheit umsetzte, machten sie schließlich zum skandalumwitterten Star. Sie realisierte in den 1920er-Jahren auch radikalere Tänze wie den Tod: ein Tanz über die letzten Atemzüge eines Menschen, der beinahe aus Bewegungslosigkeit besteht und in seiner Radikalität einzigartig im Modernen Tanz oder der Performance der Zeit war. Auch stellte sie bereits in den 1920er Jahren das junge Medium Film performativ dar, indem sie Zeitraffer, Zeitlupe und auch den Filmschnitt selbst tanzte, letzteren als moderner Straßenverkehr.

Im Jahr 1925 war sie erstmals in einem Stummfilm zu sehen: In Hans Neumanns Parodie von Ein Sommernachtstraum verkörperte sie den Puck. Georg Wilhelm Pabst engagierte sie für Die freudlose Gasse (1925), in dem sie eine schmierige Kupplerin gab. 1929 brillierte sie in Pabsts Tagebuch einer Verlorenen als sadistische Leiterin eines Heims für gefallene Mädchen. Es sind vor allem die Szenen mit Valeska Gert, die dem Zuschauer im Gedächtnis haften bleiben: Während sie ihre leicht bekleideten Schutzbefohlenen zu Turnübungen animiert, treibt sie sich durch das Schlagen eines Gongs in eine Schrecken erregende Ekstase, die in einem veritablen Orgasmus mündet. Einen größeren Bekanntheitsgrad erlangte sie ein Jahr später mit ihrem Auftritt als Mrs. Peachum in der ebenfalls von Pabst in Szene gesetzten Dreigroschenoper.

Als Avantgardekünstlerin und Jüdin seit 1933 ohne Auftrittsmöglichkeiten in Deutschland, emigrierte Valeska Gert u.a. nach England und ab 1939 in die USA. 1941 eröffnete Gert in New York die Beggar Bar, eine Mischung aus Kabarett und Restaurant, die sie jedoch 1945 wegen behördlicher Auflagen wieder schließen musste. Die wildesten Ideen brachte sie in ihre Bar ein, um den weltlichen Widrigkeiten etwas entgegen zu setzen. So bastelte sie die Tischdekoration selbst, bemalte selbst die Wände und stellte an Stelle von Lampen Kerzen auf. Bereits am ersten Abend war die Kellerbar überfüllt. Dort trat u.a. Kadidja Wedekind mit Rezitationen von den Gedichten ihres Vaters Frank Wedekind auf; einer ihrer Kellner war der später als Dramatiker weltberühmt gewordene Tennessee Williams, der hier auch eigene Gedichte vortrug. An der Garderobe arbeitete die später durch das Living Theatre berühmte Judith Malina.

1947 kehrte Gert nach Europa zurück. Nach Zwischenaufenthalten in Paris und Zürich, wo sie das Kabarett Café Valeska und ihr Küchenpersonal eröffnete, reiste Gert 1949 in das unter Blockade stehende Berlin, wo sie zunächst das Kabarett Bei Valeska und im Folgejahr das Kabarett Hexenküche eröffnete, für die sie den jungen Klaus Kinski engagierte. Sie selbst spielte in der Hexenküche die für ihre Grausamkeit berüchtigte KZ-Kommandeuse Ilse Koch. Im Jahr 1951 erfolgte die Eröffnung des Nachtlokals Ziegenstall in Kampen auf der Nordseeinsel Sylt. In der mit Heu dekorierten Bar sorgten wieder die Kellner nicht nur für das leibliche Wohl, sondern auch für die Unterhaltung der Gäste. Valeska Gert trat hier jedoch nicht selbst auf.

Federico Fellini engagierte sie 1965 für den Film Julia und die Geister, in dem sie, mit einer weißen Perücke versehen, die Rolle eines Faktotums übernahm. Am 28. Juni 1970 erhielt sie das Filmband in Gold für ihr langjähriges und hervorragendes Wirken im deutschen Film. 1973 wirkte sie in R.W. Fassbinders TV-Serie Acht Stunden sind kein Tag mit und 1976 war sie in Volker Schlöndorffs Der Fangschuß zu sehen. Werner Herzog engagierte sie 1978 für seine Neuverfilmung des Murnau- Klassikers Nosferatu, doch starb sie vor Beginn der Dreharbeiten.

Valeska Gert wurde in ihrer Geburts- und Lieblingsstadt Berlin auf dem Friedhof Ruhleben beerdigt. Der schwarze Grabstein trägt ihren Namen als Autogramm in Pink.

Ein Portrait von Valeska Gert steht im Zentrum des Plakatmotivs des 28. TEDDY AWARD. Das  Plakat wurde gestaltet von Jonny Abbate. Artwork aus der Reihe „GOLDEN QUEERS“ by Rinaldo Hopf.