Golden Globes – vorbei, Critics‘ Choice Awards – erledigt, die Oscars – bis dahin ist noch genügend Zeit. Nein in diesen Tagen stehen zwei andere Preise im Mittelpunkt. Wer den Goldenen Bären bekommt, ist wie immer streng geheim. Wir vom TEDDY sind da ein bisschen transparenter – haben ja auch nichts zu verstecken. Aber natürlich darf man auch nicht zu viel verraten, ein bisschen Geheimniskrämerei dürfen auch wir uns erlauben.
Es ist Halbzeit auf der Berlinale. In den letzten Tagen durften wir tolle Geschichten, schräge Charaktere und spannendes Popcorn-Kino erleben. Der internationale Film ist zu Gast in Berlin. Und jetzt kommt das Beste: Es geht noch weiter! Ganz nach dem Motto „Das Glas ist nicht halbleer, es ist halbvoll“ liegt die zweite Hälfte der Berlinale noch vor uns.
Nur bis zur TEDDY AWARD GALA ist es nicht mehr ganz so lange – und alle, die bislang noch kein Ticket haben, sollten sich schnellst möglich noch eines besorgen. Denn wer will schon die Party des Jahres verpassen?
Kumu Hina
A Place in the Middle
USA 2014
25′
Director: Dean Hamer, Joe Wilson
Sie fühlt sich wie ein Junge, mehr noch als die meisten Jungen selbst. Der Dokumentarfilm begleitet die ellfährige Hawaiianerin Ho’onani, die davon träumt, an ihrer Schule die traditionelle Hula-Gruppe anzuführen. Das erzählerische Tanztheater gilt als Herzschlag des hawaiianischen Volks und verlangt viel Übung. Auch hier möchte Ho’onani auf die Seite der Jungen. Eigentlich ist das nicht erlaubt, aber Ho’onani hat Glück mit ihrer charismatischen Lehrerin Kumu Hina. Sie weist Ho’onani einen besonderen Platz in der Mitte zu. Denn auch im alten Hawaii gab es schon ein Leben zwischen den Geschlechtern. Einen Platz für diejenigen, die beide umarmen, Mann und Frau. Kumu Hina weiß, wovon sie spricht. Sie war vor über 20 Jahren ein Mann.Mit ihrem tiefem Wissen vermittelt Kumu Hina den Schülern die Kultur ihrer Vorfahren, die aller christlichen Missionarstätigkeit zum Trotz nicht vergessen ist. Das Zauberwort heißt Aloha. Es bedeutet ein Leben in Harmonie mit dem Land. Und es meint Liebe, Respekt und Wertschätzung für jede und jeden.
10:00 Uhr, Filmtheater am Friedrichshain
Danielův SvětDaniel’s World
Tschechien 2014
74′
Director: Veronika Lišková
Daniel, ein 25-jähriger Literaturstudent, liegt in der Badewanne. Aus dem Off ertönt seine Stimme: „Ich war noch nie mit einem Jungen oder Mädchen zusammen, trotzdem kann ich mich über einen Mangel an Liebe in meinem Leben nicht beklagen.” Doch wie ist es für einen jungen Mann, wenn sich diese Liebe auf kleine Jungen richtet, sein Begehren nie ausgelebt, sich nur auf sexuelle Fantasien beschränken kann oder medikamentös unterdrückt werden muss? Der Film begleitet Daniel bei seinem Kampf um Selbstakzeptanz und der hoffnungslosen Suche nach einem Freund. Über schlichten, wohlkomponierten Bildern, die Daniel beim Frisör, beim Schlittschuhlaufen, beim Gassi gehen mit dem Hund der Mutter zeigen, liegt immer seine Off-Stimme, die selbstreflektierend zu klären versucht, wie er mit seinem Coming-out und seinen unerfüllbaren Sehnsüchten umgehen und ein erfülltes Leben führen kann.Da sie weder die Stimme ihres Protagonisten verfremden, noch sein Gesicht unkenntlich machen wollte, entschied sich Veronika Lišková nach Treffen mit mehr als 20 pädophilen Männern für Daniel, dem wohl bewusst ist, wie angreifbar er sich macht, der aber trotzdem ungewöhnlich offen mit seiner Prägung umgeht.
12:00 Uhr, CineStar 7
How to Win at Checkers (Every Time)
How to Win at Checkers (Every Time)
Indonesien/ USA/ Thailand 2015
80′
Director: Josh Kim
Cast: Thira Chutikul, Ingarat Damrongsakkul, Iirah Wimonchailerk, Arthur Navarat
Die ärmlichen Außenbezirke von Bangkok sind eine Welt, in der man sehr früh lernt, erwachsen zu sein. Nach dem Tod beider Eltern leben der elfjährige Oat, seine kleine Schwester und sein älterer Bruder Ek bei ihrer Tante. Ek arbeitet in einer Stricher- und Transenbar und hat schon seit der Schulzeit eine Liebesbeziehung mit Jai, dem Sohn reicher Eltern. Diese ungleiche Liebe wird auf eine entscheidende Probe gestellt, als der jährliche Tag der Einberufung naht, an dem per Lotterie entschieden wird, wer zum Militärdienst muss und wer zu Hause bleiben kann. Der kleine Oat stiehlt beim Maachef der Gegend Geld, um damit den geliebten Bruder, den Ernährer der Familie, vom Militär freizukaufen. Das hat dramatische und traumatisierende Folgen.Aus der Sicht des kleinen Bruders erzählt, wirft der Film einen erfrischend ungeschönten und unvoreingenommenen Blick auf ein eigentlich liebevolles Milieu, in dem jedoch die gesellschaftlichen Verhältnisse von Käuflichkeit, Korruption und falschen Idealen bestimmt sind.
14:00 Uhr, Kino International
Al Bahr Min Ouaraikoum
The Sea is Behind
Marokko 2014
88′
Director: Hicham Lasri
Cast: Malek Akhmiss, Hassan Badida, Yassine Sekkal, Mohammed Aouragh
Tarik kann nicht über den Verlust seiner Kinder weinen. Tarik kann über sein ruiniertes Leben nicht weinen. Stattdessen verhüllt er den Schnauzer unter einem Schleier und schwingt beim Straßenumzug die Hüften zu Musik: Tarik ist ein H’Dya, ein traditionell in Frauenkleidung tanzender Künstler. Tariks Vater, der die Prozessionen durch die leeren Straßen Marokkos anführt, weint sich die Augen aus, als sein geliebtes Zugpferd Larbi nicht mehr will, und kämmt die Pferdmähne zärtlich mit seinem Gebiss. Der neue, brutale Partner von Tariks Ex-Frau nistet sich auf Tariks Toilette ein. Und Tariks Freund Murad wird wegen seiner Homosexualität bedroht und beleidigt. War wirklich, wie alle behaupten, etwas im Wasser? Oder spielt sich das alles nur in Tariks Kopf ab? In surreal-schönen, schwarz-weißen Bildern erzählt Hicham Lasri in seinem dritten Spielfilm von Traditionen und Trance, von Intoleranz und Gewalt, von Freundschaft und Körperlichkeit. Und von Tierliebe, deren Angemessenheit fraglich ist. Unterstützt von rauem Marokko-Rock, komponiert Lasri David-Lynch-artige Rauschzustände für ein modernes maghrebinisches Kinoerlebnis.
14:30 Uhr, Cubix 9
I am Michael
I am Michael
USA 2015
100′
Director: Justin Kelly
Cast: James Franco, Zachary Quinto, Emma Roberts
San Francisco, 1998. Michael arbeitet als queerer Aktivist, der sich leidenschaftlich für die schwul-lesbische Jugend engagiert. Aus einer tiefen Sehnsucht nach Zugehörigkeit heraus schafft er dabei unermüdlich neue Perspektiven für sein eigenes Dasein: Mühelos integriert er den jungen Tyler in die langjährige Partnerschaft mit seinem Freund Bennett. Die drei bereisen Amerika, um das Lebensgefühl schwuler Teenager zu filmen. Anschließend stellen sie die Finanzierung für Michaels eigene LGBT-Zeitschrift auf die Beine. Doch Michael sieht sich in einer falschen Existenz. Nach einem vermuteten Herzanfall sucht er nach einem neuem Gleichgewicht zwischen Sexualität und Spiritualität. Er verlässt Wahlfamilie und Freunde und verankert sich mit meditativer innerer Einkehr und heterosexuellen Experimenten fest im christlichen Glauben.Einfühlsam, in geschickt gegenübergestellten Zeitebenen, nähert sich Justin Kelly in seinem Spielfilmdebüt der ungewöhnlichen Wandlung von Michael Glatze, dem Mitbegründer des Magazins „Young Gay America“ und ehemals bedeutenden Inspirator der LGBT-Community, der nach jahrelanger beharrlicher Selbstreefexion Homosexualität radikal ablehnt und zum Prediger wurde.
15:30 Uhr, CinemaxX 7
Blood Below the Skin
Blood Below the Skin
USA 2015
32′
Director: Jennifer Reeder
Cast: Jennifer Estlin, Kelsey Ashby-Middleton, Morgan Reesh, Marissa Castillo
„Blood Below the Skin“ schildert eine Woche im Leben dreier Teenager, die dieselbe Klasse einer Highschool besuchen. Die Mädchen aus unterschiedlichen Verhältnissen bereiten sich auf den wichtigsten Abend in ihrem Leben vor – die Prom Night. Sie haben eine Tanzgruppe gebildet und proben eine Choreografie. Zwei fühlen sich zueinander hingezogen und verlieben sich. Die Dritte muss ihrer Mutter beistehen, die der Weggang des Vaters völlig aus der Bahn wirft. Jede für sich endet in ihrem Refugium, ihrem Zimmer und Bett, Geborgenheit und einen Ort, an dem sie den neuen Gefühlen Raum geben kann. Die Musik von den Plattentellern stellt Synchronizität zwischen den Mädchen her – das Kontinuum von Raum und Zeit wird um die Dimension der Musik erweitert.Jennifer Reeder erzählt alltägliche Geschichten mit Stilelementen eines magischen Realismus, der an das lateinamerikanische Kino denken lässt. Es braucht nur die Kraft der Gedanken, um dem anderen von seiner Liebe zu erzählen.
16:00 Uhr, CinemaxX 5
Fassbinder – lieben ohne zu fordern
Fassbindern – to love without demands
Dänemark 2015
109′
Director: Christian Braad Thomsen
Cast: Rainer Werner Fassbinder, Irm Hermann, Harry Baer, Andrea Schober
Als Rainer Werner Fassbinder, der wohl bedeutendste deutsche Nachkriegsregisseur, 1982 im Alter von nur 37 Jahren kometenhaft verglühte, hinterließ er in der europäischen Filmlandschaft ein bis heute nicht wieder gefülltes Vakuum und ein einzigartiges, vielschichtiges und facettenreiches Werk von erstaunlicher Konsequenz und Schlüssigkeit. Der dänische Filmregisseur und -historiker Christian Braad Thomsen war seit 1969 eng, wenn auch respektvoll distanziert mit Fassbinder befreundet. Fassbinder – Lieben ohne zu fordern sind seine persönlichen Erinnerungen auf der Basis von in den Siebzigerjahren geführten Gesprächen und Interviews mit Fassbinder und dessen Mutter Lilo. Dazu kommen aktuelle Interviews mit Irm Hermann und Harry Baer, die beide zum engsten Kreis um Fassbinder gehörten. Ausgehend von Fassbinders außergewöhnlicher Kindheit in einem traumatisierten Nachkriegsdeutschland, ist der in sieben Kapitel aufgeteilte Film eine erhellende, intime und bewegende Hommage, die von der anhaltenden Aktualität von Mensch und Werk zeugt: Gerade heute fordern sie zur ästhetischen, kreativen und kritischen Auseinandersetzung und zu Reibungen heraus.
16:30 Uhr, Kino International
Nasty Baby
Nasty Baby
USA 2014
100′
Director: Sebastián Silva
Cast: Kristen Wiig, Sebastián Silva, Tunde Adebimpe, Agustin Silva
Der Wunsch nach einem Baby ist für den Künstler Freddy zur Obsession geworden. Er umgibt sich mit Fotos aus seiner Kindheit, arbeitet fieberhaft an einem Kunstprojekt über Neugeborene und hat mit seinem Partner Mo ihre beste Freundin Polly dafür gewinnen können, ein Kind zu bekommen. Zahlreiche Zeugungsversuche verlaufen jedoch nicht so einfach wie gedacht. Auch die Umsetzung der geplanten Video-Installation gestaltet sich für Freddy kompliziert. Als auch noch der „Bischof“, ein geistig verwirrter Nachbar, die drei mit massiven Schikanen quält, gerät ihr unbeschwertes Dasein in eine gefährliche Schieflage. Eine Reihe überraschender Begebenheiten lassen die Frustrationen eskalieren und Freddy und seine Freunde das Gefühl für die Realität verlieren.Schonungslos und mit satirischer Schärfe entwirft Sebastián Silva das bitterböse Bild einer in vermessener Selbstbezogenheit lebenden Boheme. Der Regisseur selbst spielt Freddy und beleuchtet in ihm die Behäbigkeit, Verbissenheit, Ignoranz und Egomanie eines Gesellschaftskreises, der dabei ist, sich von seinen ursprünglichen Lebensentwürfen zu entfremden.
17:00 Uhr, Nasty Baby
Untitled (Human Mask)
Untitled (Human Mask)
Frankreich 2014
19′
Director: Pierre Huyghe
Ein Makake, der in Japan zum Kellner ausgebildet wurde, sitzt allein in einer verlassenen Gaststube. In diesem dystopischen Setting wartet der Affe auf seinen Auftritt, gefangen in seiner Rolle, gezwungen das menschliche Dasein aufzuführen.
19:00 Uhr, AKD Hanseatenweg
54: The Director’s Cut
54: The Director’s Cut
USA 2015
106′
Director: Mark Christopher
Cast: Ryan Philippe, Salma Hayek, Neve Campbell, Mike Myers
„Wir haben das Ausgehen revolutioniert“, sagt Klubbetreiber Steve Rubell. Im legendären Studio 54, der Mutter aller Nachtclubs seit der Erndung von Disco, wurde aus Clubbing mehr als nur Socialising zu Musik. Jenem prunkvollen Mix aus Art Déco und Plüsch, frivolem Siebziger-Hedonismus und drogengestärktem 24-hours-Partypeople-Tum setzte Regisseur Mark Christopher 1998 ein Denkmal. Auf Wunsch der Produzenten wurde sein Film über die New Yorker Edeldisco jedoch stark verändert und kam mit 25 Minuten neu gedrehtem Material und einem vom Originalscript abweichenden Ende ins Kino. 17 Jahre nach der Premiere der Produzentenfassung zeigt Panorama erstmals die mühsam rekonstruierte Urfassung der Geschichte vom jungen blondgelockten Jersey Boy Shane O’Shea, der sich in der berückend glitzernden Sex, Drugs and Disco-Welt verliert, und erst kurz vor der polizeilichen Schließung des Clubs den Absprung schafft. Die integrale Version ist wuchtiger, düsterer, drogenschwangerer und vor allem schwuler als die damals autorisierte Bearbeitung.
19:30 Uhr, Kino International
The Yes Men Are Revolting
The Yes Men Are Revolting
Dänemark/ Deutschland/ Niederlande/ USA 2014
92′
Director: Laura Nix, Andy Bichlbaum, Mike Bonanno
Nach bald zwei Jahrzehnten des humorvollen Guerilla-Aktivismus gegen die Gier der Wirtschaft und die Korruption der Politik unter dem Banner der Yes Men haben Alltag und Sinnkrisen die beiden Gründer eingeholt. Mike Bonanno hat Frau und Kinder, während Andy Bichlbaum die Hoffnung auf eine dauerhafte Beziehung mit seinem Freund noch nicht aufgegeben hat. Ihre kritischen Aktionen, in denen sie sich unter anderem als Sprecher der US-Handelskammer oder von Shell ausgeben, um der verwunderten Presse einen Richtungswechsel zu verkünden, verpuffen bisweilen ohne die gewünschte Wirkung. Die gewachsene private Verantwortung hat ihren Effekt auf die gemeinsamen Aktionen. Dennoch fühlen sie sich verpflichtet, dem Klimawandel, der alle bisherigen Probleme der Menschheit in den Schatten stellt, energisch entgegenzutreten. Und so holen sie sich externe Helfer, um neue, spektakuläre Aktionen durchzuführen. Aus wechselnder Tagebuchperspektive von Andy und Mike erzählt der inzwischen dritte Film über die Yes Men (PanoramaPublikumsPreis 2009) vom Auf und Ab einer kreativen Freundschaft und dokumentiert vergnüglich gescheiterte wie auch gelungene Aktionen der beiden von 2009 bis heute.
20:00 Uhr, CineStar 7
IEC Long
IEC Long
Portugal 2014
31′
Director: João Pedro Rodrigues, João Rui Guerra da Mata
Wer bewohnt die alte Iec Long Feuerwerks-Fabrik? Eine Spurensuche in Macao nach der Geschichte von Knallkörpern, Kinderarbeit und den Geistern einer majestätischen Ruine.
20:30 Uhr, AKD Hanseatenweg
Cancelled Faces
Cancelled Faces
Deutschland/ Südkorea 2014
80′
Director: Lior Shamriz
Cast: Kim Won-mok, Lee Je-yeon, Ye Soo-jeong, Won Tae-hee
Ein Mann strebt nach Autonomie und lebt in der ständigen Angst, von seinem Liebhaber vereinnahmt zu werden. Korea: Als Unk den Jungen Boazauf der Straße anfährt, entspinnt sich eine Amour Fou, die sich zu eine Ballade der Abhängigkeiten entwickelt.
22:00 Uhr, AKD Hanseatenweg
Bad at Dancing
Bad at Dancing
USA 2015
11′
Director: Joanna Arnow
Cast: Eleanore Pienta, Keith Poulson, Joanna Arnow
Interior, Tag. Matt und Isabel liegen nackt im Bett. Sie haben Sex. Sie sitzt auf ihm, die beiden geben sich leidenschaftlich hin. Joanna, die Mitbewohnerin, kommt ins Zimmer und setzt sich neben die beiden auf die Bettkante. Isabel und ihr Freund lassen sich nicht von ihr stören. Matt (nach einer kurzen Weile, ohne zur Seite zu blicken): „Was macht sie hier?“ Joanna: „Ich kann nicht schlafen.“Isabel (ohne aufzuhören, Sex zu haben): „Waren wir zu laut?“ Joanna (ohne Anstalten zu machen, zu gehen): „Nein.“ Bad at Dancing ist ein Kammerspiel und eine Komödie. Ein Sexspiel. Isabel ist mit Matt zusammen, Joanna wäre gerne mit Matt zusammen. Joanna versucht einiges, um ihr Ziel zu erreichen. Die drei bewegen sich in Umarmungen von Körper zu Körper – angezogen und nackt. Immer im Innen. Immer direkt. Eifersucht und Emotion erhalten einen surrealen Rahmen. Die Frage nach der Notwendigkeit von Grenzen stellt sich neu. Eine Rikscha fährt immer auf drei Rädern.
22:00 Uhr, CinemaxX 3
Zui Sheng Meng Si
Thontos Drunk
Taiwan 2015
178′
Director: Chang Tso-Chi
Cast: Lee Hong-Chi, Chen Jen-Shuo, Huang Shang-Ho, Lu Hsueh-Feng
Die Kamera heftet sich an die Fersen zweier Brüder, der eine schwul, der andere hetero. Beide suchen einen Job und Geld, um zu überleben. Beide suchen sich selbst, sehnen sich nach Rückhalt. Der jüngere Bruder verkauft Gemüse auf dem Markt und trifft dort eine junge Frau, die nicht sprechen kann, aber gerne allerhand verrückte Sachen anstellt. Der Ältere fühlt sich zu einem Nachtclubtänzer hingezogen und verstrickt sich in dubiose Geschäfte. Der Film nimmt den Rhythmus ihres Driftens und Abdriftens auf, ist ganz nah an seinen Helden. Einsame Momente am Fluss, ausgelassene Streifzüge durch die Clubszene im nächtlichen Taipeh, das Geschrei auf dem Markt, stille Stunden zu zweit – immer wieder wechselt die Tonlage und damit die Stimmung. Zui Sheng Meng Si beweist einmal mehr, dass das junge taiwanesische Kino nicht auf eine klassische Dramaturgie zurückgreifen muss, um sein Publikum zu fesseln. Es ist ein Leben in der Schwebe, ohne feste Koordinaten. So wird der Film auch zu einem Sittengemälde, zum Panorama einer Gesellschaft, die der jüngeren Generation keinen Platz zu bieten hat.
Ausência
Absence
Brasilien/ Chile/ Frankreich 2014
87′
Director: Chico Teixeira
Cast: Matheus Fagundes, Irandhir Santos, Gilda Nomacce, Francisca Gavilán
Seit sein Vater die Familie im Stich gelassen hat, reibt sich der 15-jährige Serginho zwischen den neuen Anforderungen seines Alltags auf. Er arbeitet bei seinem Onkel auf dem Markt, bietet seiner labilen Mutter Halt und kümmert sich um seinen kleinen Bruder. Aber wo ist sein Platz in einer Welt, die ihn zwingt, zu früh erwachsen zu sein? Voller Sehnsucht nach Zuneigung lässt er sich mit seinen Freunden Mudinho und Sivinha durch São Paulo treiben, besucht eine Tante, die am Stadtrand in einem Zirkus arbeitet, und verbringt soviel Zeit wie möglich bei Ney, einem Privatlehrer, dem er sich sehr verbunden fühlt. Serginho wird jedoch immer wieder enttäuscht. Er will mehr von seiner Mutter, von seinen Freunden, von seiner Zukunft, von Ney. Unbeeindruckt vom Machismo in seinem Umfeld gibt er nicht auf, nach einem Weg zwischen Verantwortung und Geborgenheit zu suchen.Mit charismatischem Charme verleiht der erst 17-jährige Hauptdarsteller Matheus Fagundes der Figur des emotional und sexuell aufgewühlten Serginho eine berührend zuversichtliche Unbeschwertheit und lässt ihn das Gewicht gesellschaftlicher Erwartungen mit tiefem Vertrauen auf ein mögliches Glück tragen.
22:30 Uhr, Colosseum 1
Bizarre
Bizarre
Frankreich/ USA 2015
98′
Director: Étienne Faure
Cast: Pierre Prieur, Adrian James, Raquel Nave, Rebekah Underhill
Maurice, ein junger, wortkarger Obdachloser, schlägt sich in Brooklyn mit Gelegenheitsarbeiten durch und übernachtet in geparkten Autos – bis er im „Bizarre“ landet, einem für seine Burlesque-Shows berühmten Underground-Club. Die spielerischen Revuen sexueller Selbstbestimmung und kreativen Andersseins faszinieren Maurice, die beiden Besitzerinnen lieben ihn. Schnell gehört er zu ihrer Wahlfamilie, wo er dem in sich gekehrten Luka näherkommt. Lukas wachsender Zuneigung kehrt Maurice jedoch den Rücken. Er sieht vor seiner eigenen emotionalen Existenz, treibt ziellos durch die Stadt und sucht im Boxsport nach Stabilität. Dort trifft er auf Charlie. Maurice sieht seine verschlossenen Empfindungen unter Strom gesetzt und entfacht einen immer größeren, von Zärtlichkeit und Bedrohung erfüllten Gefühlswirbel.Étienne Faure drehte vor Ort. In den fulminanten Daseinsentwürfen der im „Bizarre“ in Brooklyn auftretenden Künstler lässt er das Versprechen einer unabhängigen Zukunft für seinen ziellos Flüchtenden aufstrahlen. Hochsensibel beobachtet er dessen seelische Verlorenheit und Verstörung und verdichtet sie in einer lmisch verzaubernden Trance.
22:30 Uhr, CinemaxX 7
Onthakan
The Blue Hour
2015
97′
Director: Anucha Boonyawatana
Cast: Atthaphan Poonsawas, Oabnithi Wiwattanawarang, Duangjai Hirunsri, Panutchai Kittisatima
Tam, ein ängstlicher Einzelgänger, wird von seinen Mitschülern regelmäßig gemobbt. Im engen, dunklen Haus der Eltern schlagen ihm ebenfalls Ablehnung und Misstrauen entgegen, und der Vater verprügelt ihn. Eines Tages verabredet sich Tam online mit dem gleichaltrigen Phum in einem alten, verlassenen Schwimmbad. Beide suchen Sex, finden aber Trost und Geborgenheit in ihrer Begegnung. Zwischen den Jungen entsteht eine enge Verbindung, und bald streifen sie gemeinsam Tag und Nacht über Müllhalden und durch die dunklen Ecken der Stadt. Phum öffnet Tam die Türen zu einer phantastischen Parallelwelt voller Geister und gefährlichen Begegnungen. Obwohl er sich zum ersten Mal geborgen und geliebt fühlt, kann Tam kaum mehr zwischen Traum und Realität unterscheiden und wird immer tiefer in eine Spirale von Paranoia und Gewalt hineingezogen. In seinem Spielfilmdebüt führt Boonyawatana seine Hauptfigur in einen doppelbödigen Mikrokosmos voller Abgründe und spielt dabei geschickt mit den Konventionen unterschiedlicher Genres.
23:00 Uhr, Cubix 7 & 8