Tag 2: The Kids are Alright (sometimes)

Dass Beziehungen zwischen Eltern und ihren Kindern nicht immer die einfachsten sind, kann wahrscheinlich jeder selbst bestätigen. Heute laufen allerdings zwei Filme aus dem TEDDY-Programm, die dieses Thema auf eine ganz neue Ebene bringen. In dem Film „Jonathan“ sorgt sich der gleichnamige Protagonist aufopferungsvoll um seinen krebkskranken Vater. Es liegen jedoch Spannungen zwischen den beiden in der Luft, da Jonathans Mutter ihn und seinen Vater verließ und sein Vater nie darüber redete, was zwischen ihnen vorfiel. Eines Tages kommt ein alter Jugendfreund seines Vaters zu Besuch und bringt Geheimnisse ans Tageslicht, die Jonathans Welt ins Schwanken bringt. Eine andere Geschichte namens „Don’t Call Me Son“ erzählt von einem Jungen, der herausbekommt, dass seine Mutter gar nicht seine Mutter ist, da sie ihn als Neugeborenes aus einem Krankenhaus stahl. Wieder also ein Protagonist, dessen Realität sich als Lüge entpuppt und dem wir dabei zu sehen dürfen, wie er mit dieser neuen Realität umzugehen versucht.  Spannende Themen, teilweise hohes Identifikationspotenzial und queere Inhalte – wir hoffen ihr habt Spaß!

Außerdem findet heute Abend der TEDDY-Jury Empfang statt zu dem ihr alle herzlich eingeladen seid! Um 22 Uhr treffen wir uns im Südblock, um unsere Jury zu begrüßen und später wollen wir noch ein bisschen feiern und Spaß haben! Kommt rum: Südblock, Admiralsstraße 1-2 (am Kotti), in Kreuzbergo ab 22 Uhr!


Ja, Olga Hepnarova
I, Olga Hepnarova

Tschechische Republik/ Polen/ Slowakei/  Frankreich 2016
105´
Director: Tomas Weinreb, Petr Kazda
Cast: Michalina Olszanska, Martin Pechlat, Klara Meliskova, Marika Soposka

Olga ist eine komplizierte junge Frau, die sich von ihrer gefühlskalten Familie und gesellschaftlichen Konventionen freizuschwimmen versucht. Kettenrauchend schlakst der Louise-Brooks-artige Tomboy von einem Arbeitsplatz zum nächsten, bis sie als LKW-Fahrerin ihre Bestimmung gefunden zu haben scheint. Es gibt Liebhaberinnen, aber keine Beziehung, ständig kommt es zu Konfrontationen, sprachlosen Gefühlsausbrüchen und Ausnahmezuständen. In konzisen Einstellungen und elegischem Schwarz-Weiß erzählt der Film die kurze Lebensgeschichte einer radikal einsamen jungen Frau, die zur Massenmörderin wird. Am 10. Juli 1973 fährt sie, gerade 22-jährig, mit einem LKW in eine Menschengruppe, acht Personen sterben. In ihrem Bekennerschreiben heißt es, dass sie sich damit an der Gesellschaft und den Menschen rächt, von denen sie sich gehasst fühlt. Sie ist die letzte Person, die in der Tschechoslowakei öffentlich hingerichtet wird – trotz ihrer offensichtlichen psychischen Krankheit. Der erste Spielfilm der Regisseure, die bisher gemeinsam Dokumentar- und Kurzfilme realisiert haben, basiert auf einem langen Rechercheprozess, aus dem bereits die Dokumentation Everything is Crap hervorgegangen ist.

Jà, Olga Hepnarovà(1)

22.45 Uhr, CineStar 3


Jonathan 
Jonathan

Deutschland 2016
99´
Director: Piotr J. Lewandowski
Cast: Jannis Niewöhner, André Hennicke, Julia Koschitz, Thomas Sarbacher, Barbara Auer

Der 23-jährige Jonathan bewirtschaftet mit seiner Tante Martha einen Bauernhof und kümmert sich aufopferungsvoll um seinen krebskranken Vater Burghardt, der die Bemühungen des Sohnes allerdings immer wieder störrisch sabotiert, mit seiner Hinfälligkeit hadert und sich einen Tod in Würde wünscht. Jonathan ist zunehmend überfordert, bis die junge Pflegekraft Anka als Unterstützung engagiert wird. Jonathan und Anka verlieben sich ineinander und Jonathan gewinnt durch Ankas Hospiz-Erfahrung einen neuen Zugang zur Situation seines Vaters. Als Burghardts verschollen geglaubter Jugendfreund Ron auftaucht, verbessert sich sein gesundheitlicher Zustand sichtlich. Gegen den Widerstand der Familie, die Ron als Eindringling empfindet, bleibt der an Burghardts Seite. Jonathan erfährt, dass sein Vater und Ron vor vielen Jahren ineinander die große Liebe fanden. Damit bricht für ihn die Fassade sorgsam gehüteter familiärer Vorstellungen zusammen und lange unterdrückte Geheimnisse werden enthüllt – aber Jonathan lernt auch, sich von seinem Vater zu lösen und dessen Tod als etwas zu akzeptieren, das ihm den Weg zu einem selbstbestimmten Leben eröffnet.

Jonathan(1)

22.30 Uhr, CinemaxX 7


Jug-yeo-ju-neun Yeo-ja
The Bacchus Lady

Südkorea 2016
110´
Director: E J-yong
Cast: Youn Yuh-jung, Chon Moo-song, Yoon Kye-sang, An A-zu, Choi Hyun-jun

Youn So-young hat sich einen Tripper eingefangen. „Machen Sie mich schnell gesund“, sagt sie zum Gynäkologen, sie will nämlich weiterarbeiten. In einem Park in Seoul verdient die Seniorin als „Bacchus Lady“ gerade so viel, dass sie nicht betteln muss. Die „Bacchus Ladys“, das sind ältere Damen, die das beliebte taurinhaltige Erfrischungsgetränk „Bacchus“ verkaufen, und daneben sexuelle Dienste anbieten. Denn die rasch alternde Volkswirtschaft Koreas hat für ihre Senioren kaum Geld übrig; die Altersarmut in der Gesellschaft steigt rapide. Als die Mutter des kleinen Min-ho in Polizeigewahrsam genommen wird, nimmt So-young ihn in ihre Obhut. Der nur Filipino sprechende Junge genießt in einem Hinterhof eine ganz eigene Art von Patchworkfamilie, zu der neben So-young noch deren Transgender-Nachbarin und ein einbeiniger junger Mann gehören. Viele von So-youngs gealterten ehemaligen Klienten und Freunden sehen keinen Ausweg mehr aus ihrer Situation. Einer nach dem anderen bitten sie die lakonische Frau, die seit Jahren ein Geheimnis mit sich trägt, um einen letzten Gefallen.

Jug-yeo-ju-neun Yeo-ja

20.00 Uhr, CinemaxX 7


Kiki
Kiki

Schweden/ USA 2016
95´
Director: Sara Jordenö

25 Jahre nachdem Paris is Burning, Teddy-Gewinner 1991, dem Berlinale-Publikum die Ballroom-Szene in New York nahe brachte, gibt uns Kiki Einblicke in die Welt der heutigen jungen black LGBT-Community, wirft einen Blick auf die Bälle, bei denen die Teilnehmenden in VoguingWettbewerben um Trophäen kämpfen, und lässt deren Protagonisten über ihre Wünsche und ihren Alltag berichten. Anders als zur Zeit von Paris is Burning entstehen diese Bälle nicht aus der Subkultur, sondern werden von queeren Jugendhilfeprogrammen organisiert. Es fällt auf, wie aufgeklärt die Jugendlichen heutzutage genderpolitische Fragen diskutieren und wie selbstverständlich sie mit Begriffen wie Heteronormativität und Geschlechterdekonstruktion umgehen. Mögen sich die Stadt, die Strukturen und das genderpolitische Bewusstsein seit den Achtzigern verändert haben, geblieben ist die Sehnsucht nach Akzeptanz und einem sicheren Ort, an dem jeder seine Einzigartigkeit zelebrieren kann. Auch wenn das Coming-Out für einige der Protagonisten heute leichter zu sein scheint und die Homo-Ehe in den USA durchgesetzt ist, bringt Co-Autor Twiggy Pucci Garçon es auf den Punkt: „There is so much left to fight for.“

Kiki

22.30 Uhr, CineStar 7


Mãe só há uma
Don´t Call me Son

Brasilien 2016
82´
Director: Anna Muylaert
Cast: Naomi Nero, Dani Nefussi, Matheus Natchergaele, Daniel Botelho, Luciana Paes

Pierre ist 17 und steckt mitten in der Pubertät: Er spielt in einer Band, hat Sex auf Partys und heimlich probiert er vor dem Spiegel Frauenkleider und Lippenstift. Seine Mutter Aracy hat ihn und seine jüngere Schwester Jacqueline seit dem Tod ihres Mannes umsorgt und verwöhnt. Als er erfährt, dass sie ihn als Neugeborenes aus einem Krankenhaus gestohlen hat, ändert sich Pierres Leben schlagartig. Von einem Tag auf den anderen bricht seine Welt zusammen, und seine Mutter Aracy wird verhaftet. Seine leiblichen Eltern Gloria und Matheus haben 17 Jahre lang nach ihm gesucht und wollen nun die verlorenen Jahre mit dem ältesten Sohn, den sie Felipe nennen, so schnell wie möglich nachholen. Kritisch beäugt von seinem jüngeren Bruder Joca zieht Pierre/Felipe bei seiner wohlhabenden, neuen Familie ein, die ihn nach ihren Idealen formen will. Aber Pierre hat seinen eigenen Lebensentwurf. Regisseurin Anna Muylaert gewann 2015 den Panorama Publikumspreis mit Que horas ela volta? (Der Sommer mit Mama). In diesem Film untersucht sie die Beziehung zwischen Mutter und Kind aus der Perspektive des rebellischen Sohnes, dessen Welt über Nacht aus den Fugen gerät.

Mãe só há uma

19.30 Uhr,  Zoo Palast 2


Uncle Howard
Uncle Howard

Großbritannien/ USA 2016
96´
Director: Aaron Brookner
Cast: Jim Jarmusch, Sara Driver, Tom DiCillo, Brad Gooch, Frederic Mitterand

Nachdem Howard Brookner, Regisseur von zwei Dokumentar- und einem Spielfilm, 1989 im Alter von 34 Jahren an den Folgen von Aids gestorben war, drohte sein schmales Lebenswerk in Vergessenheit zu geraten. Sein Neffe Aaron nahm sich vor, das Erbe des Onkels zu bewahren und dessen ersten Film, den Kultfilm Burroughs: The Movie (1983) zu digitalisieren. Diese Arbeit führte zur Entdeckung einer Reihe weiterer Schätze, die rund 30 Jahre im mythenumwobenen „Bunker“ des Beat-Literatur-Paten in der New Yorker Bowery lagerten. Ein reiches Archiv an Material, das der Filmbesessene zwischen 1978 bis Ende der Achtzigerjahre drehte, und einzigartiges Dokument der unglaublich vitalen New Yorker Downtown-Kunstund Schwulenszene dieser Dekade. Aaron Brookners Film Uncle Howard schildert eine abenteuerliche, künstlerische und sehr persönliche Reise zurück, begleitet von Unterhaltungen mit Familienangehörigen und engen Freunden seines Onkels (darunter Robert Wilson, Jim Jarmusch, Brad Gooch und James Grauerholz). Das Ergebnis ist ein liebevolles und intensives Porträt dieses allzu früh verstorbenen Unvollendeten.

Uncle Howard(1)

20.00 Uhr, CineStar 7


Girl Talk
Girl Talk

USA 2015

Director:Wu Tsang
Cast: Fred Moten

Girl Talk zeigt den Dichter und kritischen Theoretiker Fred Morten beim Zeitlupentanz in „dragged time“ zu einer Accappella-Version des Jazz Standards „Girl Talk“. Das Lied von Betty Carter wird hier in einer Neuinterpretation des Musikers Josiah Wise vorgetragen. Moten dreht sich euphorisch in einem sonnendurchfluteten Garten, sein juwelenbesetzes Samtgewandt reflektiert das Licht in pinken, blauen und grünen Strahlen. Moten und Tsang, Dichter und Künstler, untersuchen die Figur der Drag Queen und sind selbst an keine Persona gebunden.

Girl Talk

10.02-22.0 2. / täglich 19:00 – 21:00 Akademie der Künste als Installation