Gesundheit! Mehr kann man der russischen Regierung und allen voran Putin in diesen Tagen nicht wünschen, als geistige Genesung. Zeitgleich mit der Berlinale begannen in diesem Jahr die XXII. Olympischen Winterspiele im russischen Sotschi. Doch längst geht es bei diesem Sportereignisse nicht mehr nur ums Skilanglaufen, Rodeln und Curling. Die Olympischen Spiele waren und sind durch ihre jeweiligen Austragungsorte ein politisches Ereignis, egal ob 1936, 1980, 2008 oder 2014. Ein Ereignis, das in diesem Jahr in einem Land stattfindet, das die Rechte von Andersdenkenden, von Oppositionellen, von Queeren verletzt, Menschen ihres Rechts auf freie Meinungsäußerung beraubt, sie unterdrückt, verhaften lässt und für ein Klima der Angst sorgt.
Der TEDDY sagt nein, zu einer Politik der Unterdrückung und der Intoleranz. Der TEDDY war und ist immer auch ein politischer Preis, der durch die Förderung von queeren Filmen und queerer Kultur Menschen eine Stimme geben möchte, die sonst nicht gehört wird. Wer dieser Stimme zuhört, kann viel lernen – über andere Menschen, andere Länder, aber auch über sich selbst. Die heutigen TEDDY-Filme leisten einen Beitrag zu diesem Dialog der Kulturen. – Und wer weiß, was Putin lernen würde, würde er sich unsere Filme statt Eiskunstlauf anschauen…
Also, Mr. Putin, heute Abend schon was vor?
Sebastian
YVES SAINT LAURENT
(Yves Saint Laurent)
Paris 1957. Im Alter von 21 Jahren wird der talentierte Nachwuchsdesigner Yves Saint Laurent Assistent des Modeschöpfers Christian Dior. Nach dessen Tod wird er Leiter eines der renommiertesten Modehäuser der Welt. Seine erste Kollektion wird zu einem triumphalen Erfolg und macht den Mode-Genius über Nacht berühmt. In Pierre Bergé findet er die Liebe seines Lebens. Zusammen gründen sie das Label „Yves Saint Laurent“.
Jalil Lespert setzt einem der einflussreichsten Modeschöpfer aller Zeiten ein Denkmal. Saint Laurents innovative Kreationen revolutionierten die Haute Couture, vereinten Kunst und Zeitgeist mit tragbarer Eleganz und gelten weiterhin als Inbegriff französischer Lebensart.
Cinemaxx 7, 10.00 Uhr
LOVE IS STRANGE
(Love is Strange)
Nachdem im Juni 2011 die Homo-Ehe in New York legalisiert wird, heiraten Ben und George nach 39 gemeinsamen Jahren. Als daraufhin Georges Musiklehrerstelle an einer katholischen Schule fristlos gekündigt wird, verlieren sie ihre Wohnung in Chelsea. George kommt bei einem schwulen Polizisten-Paar unter, Ben wird von der Familie seines Neffen in Brooklyn aufgenommen.
Regisseur Ira Sachs, der 2012 den TEDDY AWARD für KEEP THE LIGHTS ON gewann, entwickelt mit seinen Stars die Geschichte der Existenzberaubung zu einer einfühlsamen Partnerschaftsstudie: Alfred Molina und John Lithgow erschaffen ein Paar, das selbstherrlich regierender Behäbigkeit mit entwaffnender Zuversicht begegnet und sich und uns mit seiner Liebe verzaubert.
Cinemaxx 7, 12.45 Uhr
CASTANHA
(Castanha)
João, 52, Schauspieler und Transvestit, hat seine besten Jahre schon hinter sich. Er ist krank, hat Liebhaber und Weggefährten verloren und wirkt müde, setzt seinen Lebenswandel indes unbeirrt fort. Gemeinsam mit seiner Mutter bewohnt er zwei Zimmer in einer abgeriegelten kleinbürgerlichen Wohnanlage, nachts tritt er in kleinen Theatern und Schwulenbars auf.
Mindestens genauso viel Zeit wie für Joãos Performances und sein unvergessliches Gesicht nimmt sich der Film für die einsamen Momente in schäbigen Backstage-Räumen und die präzise Erkundung eines – mal zärtlichen, mal unbarmherzigen und brutalen – Milieus, dessen flüchtiger Glanz billige Oberfläche ist. Auf vielschichtige Weise verbinden sich dokumentarische Beobachtung, Inszenierung und fiktive Elemente zu einer Erzählung über Leben und Tod.
Cinestar, 13.45 Uhr
FINDING VIVIAN MAIER
(Finding Vivian Maier)
John Maloof liebt Zwangsversteigerungen, bei denen man private Nachlässe erstehen kann. Eines Tages macht er eine erstaunliche Entdeckung: ein Karton mit unentwickelten Filmen und Negativen. Bewegende Momentaufnahmen aus dem amerikanischen Alltag kommen zum Vorschein. Auffällig sind die zahlreichen Fotos von Kindern. Wer war die Person hinter der Kamera? Warum wurden die Fotografien von Vivian Maier nie entdeckt? John Maloof beginnt, zu recherchieren. Er folgt den Lebensspuren von Maier, die selbstbewusst die Welt mit ihrer Kamera bereiste. Es entsteht das faszinierende Porträt einer Künstlerin mit offenem Blick, vor deren Objektiv sich auch fremde Menschen in die Seele blicken ließen.
Cinestar 7, 14.30 Uhr
THE DOG
(The Dog)
Die kraftvolle Dokumentation THE DOG, an der Allison Berg und Frank Keraudren über zehn Jahre arbeiteten, verfolgt den Lebensweg von John Wojtowicz, der 1972 in Brooklyn mit einem Bankraub das Geld für die Geschlechtsumwandlung seines Freundes beschaffen wollte. Der Öffentlichkeit bekannt wurde der versuchte Überfall durch Sidney Lumets Film HUNDSTAGE von 1975. Anhand von reichhaltigem Archivmaterial, Fotos und Aussagen von Zeitzeugen verfolgen die Filmemacher dieses zuweilen bizarre Leben. THE DOG, wie Wojtowicz sich selbst nennt, ist liebenswert, sentimental, selbstzerstörerisch, sexbesessen, gewaltbereit, obsessiv. Und mit seinem derb-drastischen Humor ein großartiger Geschichtenerzähler.
Colosseum 1, 15.30 Uhr
AS ROSAS BRANCAS
(The White Roses)
Eine Gruppe tanzt auf einem Sportplatz zur Musik von Supertramp. Die Geschwister tragen Blumen an das Grab im tiefen Schnee, Blumenkränze im Haar. Der Vater dirigiert die Geschwister. Sie umarmen sich. Die Erinnerung hält Einzug über Bilder, die im Amulett des Bruders, Gabriel, geborgen sind. Die Mutter ist tot – wie die Leere füllen, die sie hinterlässt? Jedes einzelne Familienmitglied sucht seinen Weg. Muss seinen Weg neu bestimmen. Es sind ruhige Bilder und Gesten, die durch diesen Film führen. Mystische Bilder und Gedanken, die immer auch auf das Konkrete im Hier und Jetzt treffen. Wirklich wichtig ist nur, wie es weitergeht, mit der Mutter im Herzen.
Cinemaxx 5, 16.00 Uhr
THROUGH A LENS DARKLY
(Through a Lens Darkly)
Eindrucksvoll und mit künstlerischen Mitteln dokumentiert Thomas Allen Harris die Geschichte der Fotografie aus afroamerikanischer Sicht. Anhand von Archivfotos wird sichtbar, wie die black community die Kamera als Mittel für soziale Veränderung für sich zu nutzen verstand. Wurde die Fotografie bis dato vorwiegend anhand weißer Fotografen dargestellt, gibt Harris in seinem Film afroamerikanischen Fotografen das Wort.
Wie bereits in seinem 2002 auf der Berlinale vorgestelltem Film E MINHA CARA, verwendet Harris auch private Aufnahmen, um anhand seiner persönlichen Familiengeschichte die Entstehung eines Selbstverständnisses der Fotografie der black community in den USA zu reflektieren.
Cubix 7, 17.30 Uhr
52 TUESDAY
(52 Tuesdays)
Billie kann kaum glauben, dass ihre Mutter sich einer Geschlechtsanpassung unterziehen will. Aber James – so der neue Name – hat sich zeitlebens gewünscht, ein Mann zu sein. Auch bei Billie ist einiges im Wandel. Nachdem sie neugierig die heimlichen Liebesspiele eines Schülerpaares beobachtet hat, erkunden die Jugendlichen zu dritt ihre Sehnsüchte und Grenzen. Als James Billie vor Schaden zu behüten versucht, droht ihre fragile Beziehung zu zerbrechen.
Die als Dokumentarfilmerin bekannte Sophie Hyde verwendet in ihrem ersten Spielfilm dokumentarische Stilmittel. Um ein Höchstmaß an Authentizität zu erreichen, wurde ein Jahr lang gedreht, aber immer nur dienstags, und die Geschichte währenddessen entwickelt.
Haus der Kulturen der Welt, 20.00 Uhr
VIHARSAROK
(Land of Storms)
Das junge ungarische Fußballtalent Szabolcs spielt in einer deutschen Mannschaft und ist eng mit seinem Zimmergenossen Bernard befreundet. Nach einem verlorenen Spiel und einem Streit mit Bernard geht Szabolcs nach Ungarn zurück. Die Hoffnung auf ein unkompliziertes Leben bringt jedoch Steinmetzlehrling Áron aus dem nahen Dorf durcheinander. Als sie den Bauernhof von Szabolcs Großvater instand setzen wird aus ihrer Kumpelei bald eine Liebesgeschichte. Als Bernard zu Besuch kommt, um ihn zur Rückkehr nach Deutschland zu bewegen, entsteht eine Utopie zu dritt. Doch reist Bernard wieder ab, und Szabolcs entscheidet sich für Àron, den er in diesem Umfeld von Repression und Intoleranz nicht alleinlassen will.
Kino International, 20.00 Uhr
UNFRIEND
(Unfriend)
Der 15-jährige David wohnt bei seiner Großmutter, die ihren Alltag zwischen Haushalt und Fernsehshows verbringt. Sie unterstützt das offen schwule Leben ihres Enkels mit liebevollem Humor, aber der zieht sich bei jeder Gelegenheit in seine Facebook-Welt zurück. David würde alles für Jonathan hergeben und teilt seine Gefühle mit seinen Online-Freunden. Als sich Jonathan am Weihnachtsabend im Netz mit einem neuen Lover zeigt, bekämpft David seine Ohnmacht mit der fieberhaften Obsession, seinen Freund zurückzugewinnen.
Filmisch souverän löst Altarejos Realität und Virtualität in einem beeindruckend sinnlich-elektrisierenden Stimmungsfeld auf, das uns mit der tiefen Verwundung seines Protagonisten konfrontiert.
Cinemaxx 7, 20.00 Uhr
YA GAN BI HAENG
(Night Flight)
Yong-ju trifft auf seinen ehemals besten Freund Gi-woong. Sie besuchen die gleiche Klasse, gehen aber seit Jahren getrennte Wege. Die Mobbing-Angriffe von Gi-woongs Clique auf den Mitschüler Gi-taek sind berüchtigt. Mit seiner Suche nach ihrer alten Nähe riskiert Yong-ju, ebenfalls ins Visier des Clans zu geraten, doch er gibt nicht auf. Geschickt verwickelt er Gi-woong in ein Machtspiel mit gegenseitigen Demütigungen und aufwühlenden Erinnerungen und tritt ein gefährliches Gefühls-Duell los.
Der Regisseur des letztjährigen Panorama-Beitrags WHITE NIGHTS erschließt das Bild einer am Leistungszwang kollabierenden Gesellschaft, in der Minderheiten, Freundschaft und Leidenschaft keinen Platz haben.
Cinestar, 20.15 Uhr
PAPILIO BUDDHA
(Papilio Buddha)
Shankaran entdeckt einen Papilio Buddha, einen seltenen Schmetterling, der nur in den indischen Western Ghats beheimatet ist. Ein Moment fast perfekten Glücks für ihn und seinen schwulen Freund Jack. Der Amerikaner begleitet Shankaran nach Hause und wird Zeuge eines Streits mit dessen Vater. Der Vater ist Anführer einer Gruppe von Dalits, Kastenlosen oder Unberührbaren. Aus Sicht der Polizei sind sie Terroristen, obwohl ihre Rechte in der Verfassung geregelt sind. Auch Shankaran kommt ins Gefängnis und Jack wird wegen seiner Nähe zu ihm kurzerhand ausgewiesen.
Der Film zeigt bildmächtig und ohne politische Tabus, wie sich eine Dalit-Community gegen erstickende Traditionen zur Wehr setzt. Das Paradies wird zur Kampfzone.
Cinestar, 22.00 Uhr
YE
(The Night)
Ein junger Mann vor einem Spiegel. Jeden Abend begutachtet er sich angetan, verlässt sein Apartment und wartet in einer schwach beleuchteten Gasse auf seine Freier. Dort begegnet er einer Prostituierten, die neu im Stadtviertel ist. Sie flirten und geben sich Namen von Blumen: Er nennt sich Tuberose, sie sich Narzisse. Die Fremden, denen sie folgen, bleiben für sie ohne Gesicht – bis sich Rose, ein One-Night-Stand, in Tuberose verliebt. Mit Unterstützung von Narzisse umwirbt Rose den Sexarbeiter auf charmante Weise.
Mit der dichterischen Kraft eines Jean Genet schildert der 21-jährige Regisseur in seinem bildgewaltigen Debütfilm die Suche dreier Außenseiter nach Nähe und übernimmt dabei auch die Hauptrolle.
Cinestar 7, 22.30 Uhr
DER SAMURAI
(The Samurai)
Im Brandenburgischen fürchtet man den Wolf. Nach dieser Nacht aber werden die Leute sich wünschen, es wäre nur ein Wolf gewesen, der sie heimsucht, statt dieses beunruhigenden Albtraums in Gestalt eines Fremden, der mit einem Samuraischwert bewaffnet am Waldrand aufgetaucht ist und eine Spur der Verwüstung gezogen hat. Vor allem für den jungen Dorfpolizisten Jakob ist die Begegnung mit dem Samurai eine Konfrontation mit den eigenen Dämonen und den verleugneten Seiten seiner selbst. Von klein auf unterdrückt, brechen sie in dieser Situation Furcht einflößend stark auf – und es wächst im Verborgenen der Drang, das Geschenk seines Gegners anzunehmen, sich lustvoll und enthemmt der Grenzüberschreitung hinzugeben.
Cinemaxx 1, 23.00 Uhr