TEDDY TODAY: 11. Februar 2022

Jedes Jahr zählen wir die Tage bis zur nächsten Berlinale – und jedes Jahr lohnt sich das Warten! Zur Feier des zweiten Festivaltages haben wir hier für Euch die großartigen Filmpremieren aufgelistet.

Alle anderen Screenings findet ihr weiter unten. Viel Spaß!

PREMIEREN:

JET LAG

Regie: Zheng Lu Xinyuan, Switzerland, Austria, 2022, 111′

Film still Jet Lag, © ZHENGLUXinyuan

Eine der Reisen beginnt in Graz, im April 2020, mitten im Lockdown fliegt die Regisseurin zurück nach China: Flugverbindungen auf einem kaputten Handydisplay, Schutzanzüge an Bord, mit Klebeband versiegelte Hotelzimmertüren. Die Gegenwart verbindet sich von Anfang an mit der Vergangenheit, einer Reise der Familie von China nach Myanmar. Was ist mit dem Urgroßvater geschehen, der in den 40er Jahren dort hingefahren und nie zurückgekommen ist? Sein Verschwinden bewegt seine Tochter, die Großmutter der Regisseurin, noch immer. Die Regisseurin filmt beide Reisen und alles, was sie umgibt, es ist schwer, die Dinge auseinanderzuhalten. Stets diese Faszination für Muster, Texturen, stets dieses körnige Video in Schwarz-Weiß, dieser Sinn für die Schönheit des Ungewöhnlichen, dieser unerschrockene Blick. Es ist schwer zu fassen, was Familie bedeutet, für die Großmutter, die Regisseurin, ihre Freundin und deren soziales Umfeld. Man unterhält sich, auf Mandarin und Englisch, voller Liebe, Solidarität, auch Schmerz. Die Freundin stellt fest, es gebe in dem Film keine Hauptfigur, aber wie auch? Die Seele ist an einem Ort, der Körper noch an einem anderen, Jetlag bedeutet den Verlust der Mitte.

SCREENING TIMES:

11.02. / 13:30 Kino Arsenal 1

11.02. / 16:10 Cubix 4 (Screening for industry professionals | With accreditation only)

NELLY & NADINE

Regie: Magnus Gertten
Sweden, Belgium, Norway, 2022, 92′

Film still Nelly & Nadine © Auto Images

Inmitten des Konzentrationslagers Ravensbrück ertönt die Stimme der Opernsängerin Nelly. Es ist Weihnachten im Jahr 1944 als Nelly und Nadine sich zum ersten Mal begegnen. Nach der Befreiung finden sie einander wieder und bleiben ihr Leben lang zusammen. Heute stellt sich Nellys Enkelin Sylvie dem in einer Kiste verschlossenen Vermächtnis ihrer Großmutter. In Fotografien, Super-8- und Audioaufnahmen sowie in poetischen und erschütternden Tagebucheinträgen stößt die Enkelin nicht nur auf die Erinnerungen ihrer Großmutter an das KZ, sondern auch auf Zeugnisse eines gemeinsamen Lebens mit Nadine – einer Paarbeziehung, die von der Familie nie als solche benannt wurde. „Nothing is real until it’s socially expressed“, sagt die Historikerin Joan Schenkar im Gespräch mit Sylvie. Über einen Zeitraum von einem Jahr begleitet Magnus Gertten die Enkelin auf ihrer behutsamen Suche und geht dabei den Spuren des Unerzählten nach, die in den unterschiedlichen Quellen zu finden sind. Ein ergreifender Film über eine tiefe lesbische Liebe und über die Notwendigkeit persönlichen und kollektiven Erinnerns.

SCREENING TIMES:

11.02. / 16:00 International

11.02. / 16:50 Cubix 2 (Screening for industry professionals |

BASHTAALAK SA’AT (Shall I Compare You to a Summer’s Day?)

Regie: Mohammad Shawky Hassan
Egypt, Lebanon, Germany, 2022
66′

Film still Bashtaalak sa’at | Shall I Compare You to a Summer’s Day? © Alfam Wardeshan / Amerikafilm

Ein Blick führt zu einem Lächeln, ein Lächeln zu einem Rendezvous. Jede Liebesgeschichte beginnt auf die gleiche Weise, in Liedern und Gedichten wird sie gespeichert und überlebt so, wie es Shakespeares titelgebendes 18. Sonett beschwört, ihr ausweichliches Ende. In Mohammad Shawky Hassans metafiktionalem Essay trifft eine Erzählerin, die von der Liebe zweier Männer erzählen will, auf einen polyamourös aufgestellten Chor von Liebhabern, und die immergleiche Geschichte vervielfältigt sich. Im Club Sheherazade ist niemand die Hauptfigur, und jeder Song hat unterschiedliche Versionen. Die heteronormative Dramaturgie wird multimedial und polyphon herausgefordert: Liebhaber befragen sich über Threesomes, Grindr-Kontakte und zurückliegende Dates. Pop-Versatzstücke werden getwistet, Herzschmerz durchdringt den Männergesang, Gedichte von Wadih Saadeh werden gelesen, während die schmutzige Wäsche des Geliebten gewaschen wird. Die Erzählerin versucht sich verschmitzt an einem Happy End, während ihre Figuren aus der Erzählung aussteigen. „Könnte man den Schmerz nur durch Worte vergessen“, heißt es an einer Stelle, „würde kein Liebender jemals Verletzungen davontragen.“

SCREENING TIMES:

11.02. / 20:00 Kino Arsenal 1

BERDREYMI (Beautiful Beings)

Regie: Guðmundur Arnar Guðmundsson
Iceland, Denmark, Sweden, Netherlands, Czech Republic, 2022
123′

Film still © Sturla Brandth Grøvlen / Join Motion Pictures

Der 14-jährige Balli ist ein Außenseiter. Er lebt mit seiner drogenabhängigen Mutter in einem verwahrlosten Haus und wird von den Mitschülern gemobbt. Für sein Glasauge ist ein Stiefvater verantwortlich, der „dachte, das Gewehr sei nicht geladen“. Als Balli die gleichaltrigen Jungen Addi, Konni und Siggi kennenlernt, entwickelt sich vorsichtig eine Freundschaft. Für Balli zum ersten Mal in seinem Leben. Vor allem mit Addi, dessen Mutter an „das Unterbewusste“ glaubt, scheint ihn etwas zu verbinden. Auch Addi arbeitet sich an eigenen Dämonen ab. Als Addis Visionen darauf hinweisen, dass Ballis brutaler Stiefvater nicht mehr länger zu ertragen ist, wollen die Jungen handeln.

Der isländische Regisseur Guðmundur Arnar Guðmundsson findet in seinem Coming-of-Age-Drama poetische Bilder für eine von Gewalt und Aggressionen geprägte Welt. Er zeigt junge Männer, die an den durch Gendernormen bestimmten Verhaltensregeln ihrer Peergroup zu scheitern drohen und sich verzweifelt aneinanderklammern – mit gleichermaßen schmerzhaftem und zärtlichem Griff.

SCREENING TIMES:

11.02. / 15:30 Zoo Palast 1

11.02. / 16:10 Cubix 1 [Screening for industry professionals | With accreditation only]

ALIS

Regie: Clare Weiskopf & Nicolás van Hemelryck
Colombia, Romania, Chile, 2022, 84′

Film still Alis, © Casatarantula, deFilm, Pantalla Cines

„Freiheit bedeutet, in einer Welt ihrer Wahl leben zu können. Einer ohne Kämpfe, ohne all das, was sie durchmachen musste. Einer Welt ohne Diskriminierung. Freiheit ist das Schönste. Ein Ort, an dem sie der glücklichste Mensch der Welt sein kann.“

In einem kolumbianischen Heim nehmen zehn junge Frauen nacheinander auf einem Stuhl Platz und schließen die Augen. Sie sollen sich Alis vorstellen, eine fiktive Freundin, deren Geschichte sie in einem kreativen Dialog mit den Filmmacher*innen lebendig werden lassen. Alis hat, wie die Jugendlichen selbst, einmal auf den Straßen von Bogotá gelebt. Über die Figur bietet das außergewöhnliche dokumentarische Format einen reflektierten und behutsamen Zugang zu den Geschichten der Protagonistinnen. Alis wird zur Projektionsfläche für vergangene Schrecken, verloren gegangene Menschen, aber auch für Selbstentwürfe und Zukunftswünsche: An ihr zeichnen sich individuelle Ideen von Freiheit ebenso ab wie Kämpfe, die noch auszufechten sind. 

SCREENING TIMES:

11.02. / 11:40 Cubix 4 (Screening for industry professionals | With accreditation only)

RERUNS:

Bashtaalak sa’at (Shall I Compare You to a Summer’s Day?)
11.02. / 20:00 Kino Arsenal

Berdreymi (Beautiful Beings)
11.02. / 15:30 Zoo Palast 1
11.02. / 16:10 Cubix 1 (Screening for industry professionals | With accreditation only)

Peter von Kant
11.02. / 11:00 CinemaxX 9

Viens je t’emmène (Nobody’s Hero)
11.02. / 11:45 Cubix 2 (Screening for industry professionals | With accreditation only)
11.02. / 13:30 International