Da mittlerweile in jeder Vorabendserie ein homosexuelles Paar vorkommt, kaum noch ein Film ohne queeren Sidekick auskommt und auch politisch nahezu alles erreicht zu sein scheint, kann man sich schnell nach dem Sinn und Zweck eines Preises fragen, der dezidiert an Filme mit queerer Thematik vergeben wird.
Wozu braucht es eigentlich einen queeren Filmpreis?
Was kann eine solche Auszeichnung überhaupt bewirken?
Wo steht unsere Gesellschaft
in Bezug auf Homo-, Bi-, Trans* und Intersexualität?
Diese und weitere Fragen haben wir drei sehr verschiedenen Menschen aus den Bereichen Wirtschaft, Sport und Film gestellt, die in den hier präsentierten Interviews über ihr Leben, ihren persönlichen Einsatz für eine offene Gesellschaft und die Relevanz eines queeren Filmpreises sprechen.
Harald Christ engagiert sich seit vielen Jahren u.a. im Bereich der internationalen humanitären Hilfe, als Kurator und Förderer bei der Deutschen Aids-Stiftung und als Förderer bei verschiedenen Diversity-Veranstaltungen wie dem TEDDY Award. Im Interview spricht er über die Notwendigkeit persönlichen Einsatzes bei der Schaffung einer offenen Gesellschaft und über die Möglichkeiten, Intoleranz und Homophobie entgegen zu treten.
Der deutsche Schauspieler Udo Kier wurde in diesem Jahr mit dem Special TEDDY Award für seine künstlerische Lebensleistung ausgezeichnet. In einem Interview in der Wäscherei @Sofitel Berlin Kurfürstendamm spricht er über sein Leben, die Schauspielerei und die Bedeutung eines queeren Awards im Filmgeschäft.
Und warum ausgerechnet in der Wäscherei? Auf der Baustelle war es zu kalt und in der Großküche zu laut. Darum wurde es die Wäscherei, wo man hart arbeitet und dreckige Wäsche wäscht – genau wie in einem Interview.
Thomas Hitzlsperger ist ein ehemaliger deutscher Fußballspieler. Der größte Erfolg seiner Karriere war der Gewinn der Deutschen Meisterschaft mit dem VfB Stuttgart in der Bundesliga-Saison 2006/07. Außerdem erreichte Hitzlsperger mit der deutschen Nationalmannschaft bei der Weltmeisterschaft 2006 den dritten Platz und wurde bei der Europameisterschaft 2008 Vizeeuropameister.
Mit TEDDY TV waren wir beim XPOSED Queer Film Festival, das in diesem Jahr seinen 10. Geburtstag feiert! Dort haben wir Interviews mit den Filmemacher*innen, Desiree Akhavan, Nossa Schäfer, Vika Kirchenbauer, Jasco Viefhues, Imogen Heath, Benjamin Crotty, Henning Beckhoff und Oliver Pollak gedreht.
Wieder gehen zehn zauberschöne TEDDY Tage zu Ende. Die Berlinale senkt heute Abend den Vorhang und die Bären kehren zurück in ihre Höhlen. Nach all den Stars, Parties und Filmen haben sie sich auch eine Auszeit verdient, um im nächsten Jahr mit aller Stärke wieder zurück zu kehren.
Bis es soweit ist, gibt es heute allerdings noch einmal die Möglichkeit ein paar TEDDY Filme zu gucken – allen voran die TEDDY Kurzfilmrolle, die ihr nicht verpassen solltet!
Wir verabschieden uns von Euch, wünschen Euch einen schönen letzten Festivaltag und hoffen, dass Ihr auch im nächsten Jahr wieder dabei seid!
Cast: Kristen Wiig, Sebastián Silva, Tunde Adebimpe, Agustin Silva
Der Wunsch nach einem Baby ist für den Künstler Freddy zur Obsession geworden. Er umgibt sich mit Fotos aus seiner Kindheit, arbeitet fieberhaft an einem Kunstprojekt über Neugeborene und hat mit seinem Partner Mo ihre beste Freundin Polly dafür gewinnen können, ein Kind zu bekommen. Zahlreiche Zeugungsversuche verlaufen jedoch nicht so einfach wie gedacht. Auch die Umsetzung der geplanten Video-Installation gestaltet sich für Freddy kompliziert. Als auch noch der „Bischof“, ein geistig verwirrter Nachbar, die drei mit massiven Schikanen quält, gerät ihr unbeschwertes Dasein in eine gefährliche Schieflage. Eine Reihe überraschender Begebenheiten lassen die Frustrationen eskalieren und Freddy und seine Freunde das Gefühl für die Realität verlieren.Schonungslos und mit satirischer Schärfe entwirft Sebastián Silva das bitterböse Bild einer in vermessener Selbstbezogenheit lebenden Boheme. Der Regisseur selbst spielt Freddy und beleuchtet in ihm die Behäbigkeit, Verbissenheit, Ignoranz und Egomanie eines Gesellschaftskreises, der dabei ist, sich von seinen ursprünglichen Lebensentwürfen zu entfremden.
Jury Statement:
Die Teddy Jury vergibt den Preis für den besten Spielfilm an Nasty Baby von Sebastian Silva. Die Jury möchte die mutige Absicht des Filmes hervorheben, eine dringende moralische Frage darzustellen. Regisseur Sebastian Silva portraitiert die Lebensweise der künstlerischen, schwulen Mittelklasse, und wie sie auf die Realitäten von Klasse, Rasse und Gentrifizierung prallt. Was als Film beginnt über den Kindeswunsch eines schwulen Pärchens und deren bester Freundin, verwandelt sich in eine grauenhafte Situation, die die Kluften innerhalb des LGBT Spektrums und der Gesellschaft symbolisiert. Es ist ein provokanter Film, der auf einfühlsame Weise den queer American dream portraitiert, und uns alle dazu einlädt, weiter zu träumen.
Schon als zwölfjähriger Junge kämpfte Roberto als Anhänger der Sandinistischen Revolution in Nicaragua für Bildung und soziale Reformen. Seinen politischen Kampf setzte er an der Seite der kommunistischen Tupamaros in Uruguay fort. Dreißig Jahre später kämpft er dafür, als Stephanía, als Frau, leben zu können und ringt um die Anerkennung durch Gesellschaft und Familie. Der Dokumentarilmer Aldo Garay begleitet Stephanía seit mehr als zwanzig Jahren und präsentiert mit El Hombre Nuevo das persönliche und liebevolle Porträt einer Frau, die auf ein bewegtes Leben zwischen Gewalt, Drogen, Prostitution und politischem Einsatz zurückblicken kann. Szenen aus ihrem Alltag werden mit Interviewaufnahmen unterschnitten, darunter auch Gespräche mit alten Bekannten, Weggefährten und Geschwistern sowie eine sehr leidenschaftliche Unterhaltung mit ihrer Mutter. So entsteht ein gleichermaßen vielschichtiges und intimes Bild der Gesellschaft zur Zeit der politischen Umbrüche in den Siebzigerjahren bis heute.
Jury Statement: Der Preis würdigt den 20-jährigen Kampf der Trans Community in Uruguay anhand der Geschichte einer Trans Frau, die nicht als Opfer dargestellt wird und die sich trotz ihrer Umstände weigert, sich an den Rand der Gesellschaft drängen zu lassen. Der Film zeigt die Spannung zwischen Religion und Gender und sexueller Identität in Lateinamerika auf eine Weise, die sowohl intim als auch kraftvoll ist. Und der Film porträtiert die Geschichte einer erstaunlichen Aktivistin, Lehrerin, Revolutionärin, Schwester und Tochter, die so sehr ihrer Zeit entstammt und dieser zugleich doch voraus ist.
Lucas und Antonio. Zwei junge Männer, die sich in einem abgelegenen Fischerdorf im Süden Chiles kennen und lieben lernen. Der eine lebt dort, der andere ist auf Besuch. Sinnlichkeit bestimmt die Geschwindigkeit der Erzählung und das Leben der beiden in den nächsten Tagen: Spiegel sein im anderen. Sich erkennen. Sich zulassen. Als das Dorf gegen die Liebe der beiden Männer rebelliert, markiert die Erfahrung dieser Begrenzung einen größeren Schritt im Erwachsensein von Lucas und Antonio.Eine einfache Geschichte von Liebe und Hingabe, inszeniert im Stil des Cinéma direct. Ein nicht so einfaches Setting im tiefsten Süden von Chile, wo alles, was aus dem vermeintlich Normalen ausbricht, sofort vernichtet, betraft werden muss. Die Figuren wissen um die Begrenzung im Dörflichen. Die romantische Idee, Widerstand zu leisten, währt nur kurz, wichtiger ist das Leben und die gefundene Liebe. Weitergehen. Über sich hinausgehen.
Jury Statement:
Als besten Kurzfilm zeichnet die Teddy Jury San Cristobal_ von Omar Zúñiga Hidalgo aus, den wir als perfekt in seiner Regie und seinem Schauspiel erachten. Hidalgo zeichnet ein bewegendes Portrait zweier Männer in einem Fischerdorf im Norden Chiles, deren Leben bedroht ist, nachdem ihr Verhältnis entdeckt wird. Der Film lotet die Grenzen von „queer happiness“ in einer solchen Umgebung aus. Geschickt baut der Film auf Schichten von Sinn und Hoffnung, um das Versprechen einer sicheren Reise des heiligen Christophorus.
Mehrere Monate zogen Mitglieder des multidisziplinären Kunst Kollektives NEST durch Kenia und sammelten Geschichten von jungen LGBTI Menschen, von ihren Erfahrungen und ihrem Alltag in dem noch sehr homophob geprägten Land. Aus unzähligen anonymen Interviews entwickelten sie fünf Drehbücher für Kurzfilme, die einen Überblick über die gegenwärtige Situation und die Probleme der sexuell marginalisierten Jugendlichen liefern. In kurzen, schnörkellosen Szenen, klaren, poetischen Schwarz-Weiß-Bildern und ruhigen Tönen inszenierte Jim Chuchu die Episoden, die so unterschiedliche Themen wie Selbstfindung und Selbstbestimmung, Zwangsheterosexualisierung und Akzeptanz behandeln, eines jedoch gemeinsam haben: Alle erzählen vom Verlangen nach Liebe und der Angst davor, diese öffentlich zu leben. Eine Angst, die immer wieder zu der Frage führt, ob es besser ist, sich zu verstecken, zu resignieren und das Land zu verlassen oder zu bleiben und offen für sexuelle Vielfalt zu kämpfen. Trotz des Verbots, ihren Film in Kenia öffentlich zu zeigen, haben sich die NEST-Mitglieder für Letzteres entschieden und führen den Kampf um Anerkennung weiter.
Jury Statement:
Der Film porträtiert große Stärke und Widerstandskraft im Angesicht widriger Umstände und zeigt lebensnotwendige Hoffnung für die LGBTIQ Community. Er wirft Licht auf Homophobie und zielt darauf ab, das Stigma und die Diskriminierung zu zerschlagen, die noch stets bestehen, vor allem in Ländern, in denen Homosexualität ein Verbrechen ist und Individuen unserer Community für ihre Liebe mit Gewalt bedroht werden. Dies ist mutiges und schönes Filmschaffen, basierend auf wahren Geschichten, die unweigerlich jeden von uns berühren.
Special TEDDY Award
Udo Kier
Udo Kier (* 14. Oktober 1944 in Köln-Lindenthal als Udo Kierspe) ist ein deutscher Schauspieler, der in seiner internationalen Karriere in über 160 Kinofilmen mitgespielt hat. Er ist einer der wenigen deutschen Schauspieler, die es via Hollywood zu Weltruhm gebracht haben. Er spielte zum Beispiel an der Seite von Nicole Kidman, Michael J. Fox, Keanu Reeves, River Phoenix, Bruce Willis, Dolph Lundgren, John Malkovich und Arnold Schwarzenegger.
In den 1960er Jahren lernte Kier den noch unbekannten Regisseur und Schauspieler Rainer Werner Fassbinder kennen. 1964 ging er nach Rom, wo er zu einer schillernden Illustriertenberühmtheit avancierte. Wieder in England, spielte Kier mit 23 Jahren erstmals in einem Film und besuchte anschließend in New York eine Schauspielschule. Im Laufe der Zeit und mit größeren Rollen in Film und Fernsehen entwickelte er sich durch sein Aussehen, seinen exzentrischen Ausdruck und seinen Mut zu Rollen jenseits des Üblichen zum Typ des „neugierigen Streuners durch viele schräge Welten“. 1973 brachte er es in Paul Morrisseys Filmen Frankenstein und Dracula zu einiger Berühmtheit. Seinen Hauptwohnsitz behielt Kier bis Anfang der 1990er Jahre in Köln, wo er gemeinsam mit dem Maler Michael Buthe und dem Videokünstler Marcel Odenbach in einer Künstlerkolonie lebte. In den 1980er Jahren versuchte er sich als Musiker, nahm eine Schallplatte mit dem Titel Der Adler auf, die später in seinem ersten amerikanischen Film My Private Idaho (1991) zu hören war, und reiste mit einem Rock-Pop-Programm nach Moskau.
Kier gehörte auch zu den skurrilen Aktivisten der kulturellen Avantgarde aus Mülheim an der Ruhr. 1988 spielte er unter der Regie von Christoph Schlingensief in dem Film Mutters Maske neben Helge Schneider und Charly Weiss. Der Film war ein surrealistisch anmutendes Remake des Films Opfergang von Veit Harlan. Kier spielte noch in einigen Schlingensief-Filmen mit, 1986 in Egomania – Insel ohne Hoffnung an der Seite von Tilda Swinton, 1989 in 100 Jahre Adolf Hitler, 1990 in Das deutsche Kettensägenmassaker, 1992 in Terror 2000, 1992 in Udo Kier – Tod eines Weltstars (in dem Kier sich selbst spielt), 1996 in United Trash und 1997 in Die 120 Tage von Bottrop.
Kier trat gelegentlich auch im Theater auf und übernahm in vielen europäischen Ländern diverse Rollen in Kino- und Fernsehfilmen. So spielte er an der Seite von Hans Falár am Bonner Schauspielhaus in Das kurze Leben der Schneewolken und zusammen mit Christine Kaufmann für ein Tourneetheater in Salome. Nachdem es zeitweise etwas ruhiger um ihn geworden war, schaffte er 1991 den Sprung nach Hollywood und spielte in dem Film My Private Idaho des amerikanischen Regisseurs Gus Van Sant einen Freier. Durch seinen Auftritt als dekadenter Flaneur in zwei Popvideos und dem Skandalbuch SEX der Sängerin Madonna wurden Filmagenturen auf ihn aufmerksam. Er bekam nun zahlreiche Film- und Fernsehrollen in den USA und drehte auch Werbespots. So war er in der Science-Fiction-Serie seaQuest DSV von Steven Spielberg und in den Kinofilmen Ace Ventura – Ein tierischer Detektiv, Die Legende von Pinocchio, Die neuen Abenteuer des Pinocchio und Shadow of the Vampire zu sehen.
Auch in Europa ist er nach wie vor ein gefragter Schauspieler. Er arbeitete insbesondere mit dem dänischen Regisseur Lars von Trier zusammen, so in dessen Filmen Epidemic, Medea, Europa, Hospital der Geister, Breaking the Waves, Dancer in the Dark, Dogville, Manderlay und Melancholia. Auch in deutschen Filmen tauchte er gelegentlich auf, beispielsweise als Killer in einer Folge der Krimiserie Rosa Roth oder als schwuler Topterrorist und Modedesigner in Hans-Christoph Blumenbergs Rotwang muß weg! von 1993. In amerikanischen Filmen spielte er mitunter auch sehr kleine Rollen. So war er in Josh and S.A.M. nur in einer Szene zu sehen. 1995 spielte er in dem Film Vernetzt – Johnny Mnemonic und 1998 in Michael Bays Armageddon mit. Von 2005 bis 2007 war Kier in der Kinder-Mysteryserie 4 gegen Z als finsterer Magier Zanrelot (Anagramm von „Toleranz“) zu sehen, der die Herrschaft über Lübeck an sich reißen will. Darin spielte er unter anderem mit der Nachwuchsschauspielerin Carolyn McGregor. Auch wirkte er 2004 in dem deutschen Film Jargo mit.
2008 wurde die PC-Spiel-Umsetzung von Far Cry gedreht. In dem von Uwe Boll produzierten Werk spielte Kier den Bösewicht Dr. Krieger, als Gegenpart zu Jack Carver, gespielt von Til Schweiger. 2011 spielte er die Hauptrolle in dem kanadischen Drama-Thriller Keyhole, den er mit seiner Filmpartnerin Isabella Rossellini bei South by Southwest vorstellte. Er spielte außerdem in dem Musikvideo Make Me Bad der US-amerikanischen Nu-Metal-Band Korn aus dem Jahr 2000 neben Brigitte Nielsen einen bösen Wissenschaftler. Für die Dokumentation Arteholic (Regie: Hermann Vaske), deren Premiere auf dem Filmfest München lief, erhielt Kier den CineMerit Award 2014. Er war außerdem in vielen Installationen und Videoclips der Band U2 im Rahmen ihrer Zoo-TV-Tour (1992–1993) zu sehen. 2008 kaufte Kier ein ehemaliges Schulgebäude im thüringischen Gehren, das er bei den Dreharbeiten zu Lulu & Jimi entdeckt hatte.
Der David Kato Vision & Voice Award (DKVVA) ist stolz zu verkünden, dass der Award 2015 an die HIV positive Aktivistin Martha Tholanah aus Simbabwe geht. Martha riskiert jeden Tag ihr Leben, um lesbische, schwule, bisexuelle, transgender und intersexuelle Menschen (LGBTI) in ihrem Land zu unterstützen. Ihr Engagement ist ein starkes Beispiel einer heterosexuellen Verbündeten, die trotz Bedrohungen ihrer persönlichen Sicherheit solidarisch mit LGBTI Menschen ist.