TEDDY TODAY: Samstag Februar 17

Heute ist Tag drei der Berlinale und wir wissen kaum, wo wir unseren Überblick bei der umfangreichen Auswahl des Tages beginnen sollen. Die Klassik-Liebhaber wird Rupert Everetts ‚The Happy Prince‘ begeistern, der die letzten Kapitel im Leben des offen schwulen britischen Autors Oscar Wilde beleuchtet. Für alle, die nach etwas Gewagterem suchen, enthält der heutige Spielplan einige der radikalsten und herausforderndsten Filme des TEDDY 2018. ‚Shakedown‘, fast ausschließlich mit VHS aufgezeichnet, dokumentiert einen gleichnamigen schwarz-lesbischen Nachtklub, der Film ‚Garbage‘ vom umstrittenen indischen Regisseur Q, welcher der Berlinale bereits bekannt ist, dekonstruiert Maskulinität auf drastische Weise und der experimentelle Kurzfilm ‚Contra-Internet‘ entführt uns in eine Schreckenswelt, die Internet und Sexualität hinter sich gelassen hat. Wenn euch das noch nicht zufriedenstellt, dann hat unser action-geladenes Programm noch vieles mehr für euch im Petto – also ab in die Kinos! 

Contra-Internet: Jubilee 2033

Director: Zach Blas
USA/Great Britain 2018 29′, English, Spanish

Akademie der Künste, 19:00

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Inspiriert von Derek Jarmans queerem Punk-Film Jubilee von 1978, erzählt Contra-Internet: Jubilee 2033 die Geschichte um Ayn Rand und Mitglieder ihres Kollektivs – darunter u.a. Alan Greenspan – die sich im Jahr 1955 auf einen LSD-Trip begeben. Zach Blas erschafft, mit Susanne Sachsse in der Rolle der Ayn Rand, einen psychedelischen Fiebertraum, in dem die Philosophin und ihre Anhänger*innen in das dystopische Silicon Valley der Zukunft versetzt werden. Während die Campusse von Apple, Facebook und Google brennen, verrät ihnen ihre Reiseleiterin –
die künstliche Intelligenz Azuma –, dass Ayn als Philosophin für Tech-Manager*innen eine gewisse Berühmtheit erlangt hat, da ihre Schriften den Unternehmergeist fördern. Inmitten der Trümmer erfahren Rand und das Kollektiv von der Existenz des Internets und werden Zeugen von Kämpfen zwischen Techies und Anti-Campus-Groupies. Sie treffen auf die contra-sexuelle Internetgegner*in Nootropix, die das Ende des Internets predigt. Rand und das Kollektiv brauchen eine Verschnaufpause und finden sich am Silicon Beach wieder, wo sich Stücke aus polykristallinem Silizium mit Sand und Ozean vermischen.

Garbage

Director: Q
India 2018 105′, Hindi

CineStar 3, 20:15

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Mit einer langen Metallkette ist eine junge, scheinbar stumme Frau an der Wand einer Wohnung festgemacht. Sie wird als Sklavin im Haus des Taxifahrers Phanishwar gehalten, schläft auf einem Tisch und kocht ihm Essen. Phanishwar ist ein glühender Anhänger des rechtsextremen Gurus „Baba“ und verbreitet seinen Hass in den Kommentarspalten sozialer Netzwerke. Eines Tages trifft er die junge Rami, die in Goa untertauchen muss, als sich ein heimlich gefilmtes Sexvideo mit ihr viral im Netz verbreitet. Er wird zu ihrem Fahrer, während er die junge Frau online heimlich stalkt. Der indische Regisseur Q scheut keine Kontroverse. Schon mit den abgründigen Geschichten in seinem Spielfilmdebüt Gandu erhitzte er die Gemüter. Seine stilsicher inszenierte Rachegeschichte Garbage kreist um zwei Frauen, die unterschiedlichen Formen von Unterdrückung ausgesetzt sind. Q lässt sich bei der Entwicklung der Ereignisse zunächst Zeit und schlägt manchen (queeren) Umweg ein, bis sich die Vorzeichen schließlich radikal ändern. Als weibliches Martyrium in Vergeltung umschlägt, findet der Regisseur drastische Bilder für die filmische Dekonstruktion (indischer) Männlichkeit.

The Happy Prince

Director: Rupert Everett
Germany/Belgium/Italy 2017 105′, English, French, Italian

Friedrichstadt Palast, 21:00

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Ende des 19. Jahrhunderts ist Oscar Wilde Dandy und Darling der Londoner Gesellschaft – geistreich, humorvoll und skandalumwittert. Doch seine für die Zeit zu offen gelebten Liebesbeziehungen mit Männern bringen ihn ins Zuchthaus. Bei seiner Entlassung ist er verarmt und gesundheitlich angegriffen und geht ins Exil nach Paris. Nach einem halbherzigen Versöhnungsversuch mit seiner Frau nimmt er die Beziehung zum jungen Lord Douglas wieder auf, womit er sich jedoch vollends ins Unglück stürzt. Was ihm bleibt, sind seine versponnenen Geschichten, mit denen er die Zuneigung zweier Straßenjungen gewinnt. Unterstützt von treuen Freunden, die ihn vor seinen eigenen Exzessen zu schützen versuchen, bewahrt er auch seinen Charme und seine Ironie bis zum bitteren Ende: „Entweder diese scheußliche Tapete geht – oder ich …“ Im Zentrum der Filmbiografie von Rupert Everett, verantwortlich für Drehbuch, Regie und Hauptrolle, stehen die letzten Jahre des einst gefeierten, später in Ungnade gefallenen Schriftstellers. Rückblenden und assoziative Traumbilder zeigen ihn als den exzentrischen Lebemann, der er zeitlebens war, und das Porträt öffnet sich zu einem Panorama der beginnenden Moderne.

Hojoom (Invasion)

Director: Shahram Mokri

Iran 2017 102′, Farsi

Cinestar IMAX, 21:30

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 Ewige Dunkelheit scheint über dem Stadion zu liegen, in dem Männer mit bizarren Tätowierungen eine Sportart ausüben, die nie gezeigt oder benannt wird. Eine Leiche wurde hier gefunden, die Polizei hat bereits einen Schuldigen ausgemacht. Nun soll der Tathergang rekonstruiert werden, damit man den Fall schon bald ad acta legen kann. Der wahre Mörder und seine Mannschaftskameraden wollen die Rekonstruktion jedoch nutzen, um ein weiteres Verbrechen zu begehen: Die Zwillingsschwester des Opfers, der man nachsagt, eine Vampirin zu sein, soll getötet werden. Doch bei der Nachstellung des Mordes vergessen die Spielenden ihre Rolle, Chaos bricht aus und die Figuren scheinen sich in einer Endlosschleife zu befinden, in der sich Ereignisse unter anderen Vorzeichen wiederholen. Das beklemmende Gefühl, dass die Zeit sich auflöst, dass Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft eins werden und die Geschichte angehalten wurde, dürfte dem Lebensgefühl vieler junger Iraner entsprechen. In seinem Kammerspiel verbindet Shahram Mokri Ort, Raum und Zeit in den labyrinthischen Gängen des Stadions unheilvoll zu einer düsteren Allegorie.

Je fais où tu me dis (Dressed for Pleasure)

Director: Marie de Maricourt

Switzerland 2017 17′, French

CinemaxX 3, 15:30

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Nach Léchez-nous, Miaou, Miaou! (Generation 2016) erzählt Marie de Maricourt erneut von einer schillernden Rebellion sexueller Identität. Sarahs Sehnsüchte scheinen in ihrem Elternhaus keinen Platz zu haben. Die fremdbestimmte Atmosphäre in dem gutbürgerlichen Haushalt erlebt die junge Frau beengender als ihren Rollstuhl. Mithilfe einer heimlichen Komplizin findet sie jedoch Wege, das düstere Anwesen in einen Tempel der Wonne zu verwandeln.

Pop Rox

Director: Nate Trinrud
USA 2017 14′, English

CinemaxX 3, 15:30

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Jesse ist kreativ und überhaupt nicht auf den Mund gefallen. Wie aber soll sie ihrer besten Freundin gestehen, dass sie verliebt ist? Und zwar in sie! Es vorspielen mit Fingerpuppen? Zu albern. Einen Liebesbrief schreiben? Vielleicht. Oder es ihr einfach sagen? Mit großer Anteilnahme und einer Prise Ironie beschreibt der Film die Gefühlswelt des verliebten Teenagers, hin- und hergerissen zwischen wilder Entschlossenheit und der Angst, enttäuscht zu werden.

Shakedown

Director: Leilah Weinraub
USA 2018 82′, English

Zoo Palast 2, 22:00

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Die von und für afroamerikanische Frauen in L.A. gegründete Partyreihe „Shakedown“ hostete Go-go-Dance und Strip-Shows für den lesbischen Underground der Stadt. Inspiriert von der Transfrau Mahogany, die als Mutter der Szene in den Achtzigern queere Strip-Shows und Bälle für
ein nicht heterosexuelles Publikum veranstaltete, initiierte, produzierte und präsentierte die Butch Ronnie Ron die Events: Shows, in denen das hauptsächlich weibliche Publikum aus der „hood“ den Tänzerinnen für ihre Lapdances Dollars in die Panties steckt, während sie auf Hip-Hop-Beats lesbische Sexualität feiern. Die intime Chronik zeigt die Protagonistinnen auch Backstage und in Interviews, in denen klar wird, dass „Shakedown“ mehr war als ein Strip-Club: Als einer der wenigen Räume für lesbische Subkultur schuf der Club für Freaks und Queers of colour eine solidarische Community-Struktur. Doch als solcher war er polizeilicher Repression ausgesetzt. Die Regisseurin ist selbst Teil der Szene und wirft mit exklusivem Archivmaterial, Postern und Flyern einen persönlichen Blick auf weibliches Begehren, das selten auf der Leinwand zu sehen ist.